Konzept Sozialpädagogische Familienhilfe § 31 KJHG ¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯
(Stand: Dezember 2001)
„Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie.“ (KJHG, SGB VIII 1a, Beck Texte 1999)
1. Voraussetzungen
1.1. Anerkennung als freier Träger in der Jugendhilfe
Der Förderverein Roma ist anerkannter Träger der freien Jugendhilfe. Eine Bestätigung liegt bei. Der Verein ist Mitglied im DPWV.
1.2. Anerkennung der vorgegebenen Leistungsbeschreibung
Die vorgegebene Leistungsbeschreibung erkennt der Förderverein Roma an.
2. Gründe für eine Bewerbung
Im Zuge der Öffnung der osteuropäischen Staaten vor 10 Jahren sind u. a. auch viele Roma Familien in der BRD geflohen. Vor allem Roma aus Rumänien leben seither im Rhein-Main-Gebiet. Allein in Frankfurt sind dies nach Angaben der Ausländerbehörde etwa eintausend Personen.
Die Existenz vieler Familien ist trotz des langjährigen Aufenthalts ungesichert. Ausgrenzung, offene, rassistisch motivierte Diskriminierung, der oftmals ungeklärte Aufenthaltsstatus sowie die unzureichende Versorgung erschweren es, eine menschenwürdige Zukunft aufzubauen. Besonders die Kinder und Jugendlichen leiden unter dieser Perspektivlosigkeit. Mangelhafte Bildung und Ausbildung potenzieren die Chancenlosigkeit und Marginalisierung.
Dieser Teufelskreis kann einerseits durch die Öffnung von herkömmlichen Bildungsinstitutionen bzw. Behörden (Kindergarten, Hort, Schule, Sozialamt, Ausländerbehörde ...) im Hinblick auf die Belange und Forderungen der Roma und andererseits durch die Öffnung der traditionellen Lebensorganisation innerhalb der Familien selbst in Richtung notwendiger gesellschaftlicher Erfordernissen (Bildung, Ausbildung) und ohne Angst um Verlust der eigenen Identität durchbrochen werden.
Erfahrungsgemäß ist die akzeptierte Hilfe in der Familie eine zentrale Möglichkeit, um vor dem beschriebenen Hintergrund eine an den Lebensverhältnissen orientierte mittel- und langfristige sozialpädagogische Unterstützung zu gewährleisten.
3. Trägerbezogene Kriterien
3.1. Erfahrungen im Bereich ambulante Hilfen
Verschiedene Mitglieder des Vereins arbeiten seit 1985 im Bereich Pädagogik und Beratung mit Roma-Familien.
Von 1994 bis 1998 war der Verein im Rahmen der Einzelfallhilfe für Roma-Familien in Frankfurt/Griesheim tätig.
1996 wurden Räume für das Projekt Schaworalle – Hilfe und Unterstützung für Roma-Kinder - angemietet, das seit Mitte letzten Jahres in die Kindertagesstätte „Schaworalle“ (40 Kinder, Kindergarten-Bereich, Schulvorbereitung, Alphabetisierung, Freizeitpädagogik) überführt wurde. Die Kita befindet sich in der Siolistraße 6 und wird zu Beginn 2002 in die Stoltzestraße 14-16 ziehen. Die Jugendhilfestelle, die Beratung und Geschäftsstelle des Förderverein Roma befindet sich in der Stoltzestraße 17. Es stehen ein Raum für die pädagogische Arbeit und die Einzelbetreuung sowie ein Büro für die organisatorischen Belange der spFH zur Verfügung.
Durch die langjährige Beratungstätigkeit und pädagogische Arbeit mit Roma aus Osteuropa verfügt der Verein über die notwendige Erfahrung und über die unabdingbare Akzeptanz bei den Familien.
Der Ausbau der Aktivitäten des Vereins durch
- die Kindertagesstätte „Schaworalle“ mit den Kursen Alphabetisierung und Schulvorbereitung
- die sozialpädagogische Lernhilfe,
- die enge Kooperation mit dem städtischen und staatlichen Schulamt, dem Sozial- und Jugendamt, der Ausländerbehörde und
- die erweiterte Geschäfts- und Beratungsstelle, deren Angebot zur Zeit etwa 150 Personen wahrnehmen,
begünstigt die notwendige Infrastruktur zur Durchführung der sozialpädagogischen Familienhilfe.
Durch die Beschäftigung von MitarbeiterInnen, deren Muttersprache romanes ist, ist die Verständigung und das Verständnis gesichert.
3.2. Fachberatung, fachliche Begleitung im Förderverein Roma
Fachberatung
- die Leitung der Kindertagesstätte „Schaworalle“,
(Diplompädagogin, Ausbildung im Bereich Sonder- und Heilpädagogik sowie
Kunstpädagogik)
- Vorstand (Lehrerin und ehemaligen Schulleiterin)
- Mitarbeiter (Sozialpädagoge mit musikpädagogischer Ausbildung)
- Vorstand (Diplom Sozialarbeiter, Theaterpädagoge in Ausbildung, Ausbildung in Gewaltminimierung, Lehrbeauftragter der FH für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Frankfurt und Darmstadt)
- eine Stelle, die von einem Roma besetzt und für den Bereich Jugendhilfe konzipiert ist,
- Fortbildungs- und Weiterbildungsangebote und Supervision sowie
- zwei Lehrerstellen im Bereich Schulpädagogik innerhalb der Kita „Schaworalle“
Daneben stehen für die Reflexion der Tätigkeit der Arbeitskreis Roma (JA, Sozialamt, Polizei, Stadtschulamt, staatliches Schulamt, AmkA) zur Verfügung.
3.3. Fachliche Qualifikation des pädagogischen Personals im Förderverein Roma
- Leiterin Kita, Diplompädagogin (Sonder- und Heilpädagogik)
- DiplomsozialpädagogInnen mit Schwerpunkten in der Migrationssozialarbeit, Theaterpädagogik, in der Pädagogik der Gewaltminimierung und der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen,
- Diplompädagoge mit Schwerpunkt Erwachsenenbildung, Diplomsozialpädagoge
- Lehrerinnen (Grund-, Haupt- und Realschule sowie sonderpädagogische Zusatzausbildung, Konrektorin)
3.4. Sozialpädagogische Familienhilfe
Fachberatung, fachliche Begleitung, Dienst- und Fachaufsicht
- Die Beratung und Begleitung wird von einem Diplompädagogen/ Diplomsozialpädagogen wahrgenommen. Die Jugendhilfestelle des Vereins, der die sozialpädagogische Familienhilfe angeschlossen ist, befindet sich in der Stoltzestraße 17.
Darüber hinaus findet die Begleitung durch:
- einen Diplom-Sozialarbeiter mit Ausbildung im Bereich Supervision, Theaterpädagogik und Gewaltminimierung,
- eine Lehrerin (ehemalige Konrektorin der Komeniusschule),
- Fortbildungs-, Weiterbildungsangebote,
- Supervision,
- durch regelmäßige Team- und Einzelfallbesprechungen und
- soweit Kinder - die innerhalb der sozialpädagogischen Familienhilfe betreut
werden, die Kindertagesstätte „Schaworalle“ besuchen - durch die Kooperation mit
den Lehrerinnen und Pädagogen der Kita
statt.
Die Dienst- und Fachaufsicht wird seitens der Geschäftsführung und des Vorstandes des Förderverein Roma gewährleistet.
Fachliche Qualifikation des pädagogischen Personals innerhalb der sozialpädagogischen Familienhilfe
- Diplomsozialpädagogin, staatlich anerkannte Erzieherin, berufbegleitende
Ausbildung zur Kunsttherapeutin (Ausbildungszentrum für klientenzentrierte
Psychotherapie und personenorientierte Pädagogik)
- Diplomsozialpädagogin (Tätigkeit in der Lern- und Spielstube, Drogenhilfe,
Management-Training in der Hessischen Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie)
Aktuelle Änderungen im Personalstand der spFH werden den öffentlichen Trägern umgehend mitgeteilt.
4. Standortbezogene Kriterien
4.1. Umfang des möglichen Einzugsgebietes
Der Förderverein Roma arbeitet seit etwa 10 Jahren in Frankfurt am Main. Durch die Tätigkeit innerhalb der Beratung und Öffentlichkeitsarbeit und durch die pädagogischen Aktivitäten werden alle in Frankfurt am Main und Umgebung lebenden Roma Familien aus Osteuropa, vor allem aus Rumänien, angesprochen.
4.2. Mögliche Synergieeffekte durch Verknüpfung mit anderen Angeboten/Absichtserklärungen, Planungen
Der Förderverein Roma bietet durch den engen Austausch zwischen sozialpädagogischer Familienhilfe und dem pädagogischen Betrieb Kita die Möglichkeit, die notwendigen Entwicklungsstadien der Arbeit gemeinsam zu reflektieren und entsprechende Prognosen sowohl individuell als auch in Kleingruppen umzusetzen.
Die enge Kooperation mit dem Stadtschulamt, dem staatlichen Schulamt, dem Jugend- und Sozialamt, der Jugendgerichtshilfe, dem Amt für multikulturelle Angelegenheiten und der Ausländerbehörde thematisiert darüber hinaus alle pädagogischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die für den Aufbau und die Perspektive der Familienhilfe von großer Bedeutung sind.
4.3. Generelle Aspekte der sozialpädagogischen Familienhilfe in Roma Familien
Die Lebenssituation der Romafamilien aus den verschiedenen Herkunftsländern ist sehr unterschiedlich.
Deutsche Roma- und auch Sintifamilien, die schon seit Generationen hier leben, haben oft keine oder wenig Probleme hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen, sozialen oder ausländerrechtlichen Situation. Die Kinder besuchen die Schule, zumindest bis zum Eintritt der Pubertät. Fast jede dieser Familien hat Angehörige in der Zeit der Nazidiktatur verloren, daher prägen oft Misstrauen und Distanz das Verhältnis der älteren Leute gegenüber den Institutionen der Mehrheitsgesellschaft.
In Frankfurt lebt eine große Gemeinde von Romafamilien polnischer Herkunft. Die meisten dieser Familien, die Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre nach Deutschland immigriert sind, verfügen über einen relativ stabilen Aufenthaltstitel (meistens eine Befugnis) und sind wirtschaftlich weitgehend abgesichert, entweder durch Arbeitsgenehmigungen (in der Regel Gewerbeschein zum Handel mit Schrott, Autos, Teppichen etc.) oder sozialhilferechtlich (Hilfe zum Lebensunterhalt, Anspruch auf Wohnung und Krankenversorgung). Auch hier ist der Schulbesuch der Kinder bis zu einem bestimmten Alter üblich.
Die Romafamilien, die im Zuge der Bürgerkriege aus dem ehemaligen Jugoslawien geflohen sind, verfügen oft über einen anderen Bildungshintergrund als zum Beispiel die aus Rumänien geflohenen Familien. Viele der Eltern waren im Heimatland relativ integriert, es gab gesicherte Arbeits- und Wohnverhältnisse, die Kinder gingen zur Schule. Auch in der BRD bemühen sich die Familien um Integration in die Mehrheitsgesellschaft. Die derzeitige Lage in Jugoslawien und den Anrainerstaaten bedingt allerdings, dass jenseits von Altfallregelungen ein Großteil der Betroffenen ausgewiesen werden soll.
Die größte Gruppe der in Frankfurt lebenden Romafamilien (ca.1200 Personen) sind Flüchtlingsfamilien aus Rumänien. Diese Familien leben oft, wenn auch zum Teil schon seit über 10 Jahren in Deutschland unter ausländerrechtlich, wirtschaftlich und gesundheitlich desolaten Lebensbedingungen. Die ganze Familie muss dazu beitragen, den Lebensunterhalt der Familien zu sichern. Viele Kinder gehen nicht oder nur sehr unregelmäßig zur Schule.
Wenn verallgemeinernd über die Roma aus Rumänien gesprochen wird, soll dies nicht bedeuten, dass es nicht zwischen den Familien große Unterschiede gibt, die z.B. auch damit zusammenhängen, aus welcher Gegend oder Stadt in Rumänien die Leute kommen. Die meisten Familien kommen aus Timisoara oder aus Gataia. Während die Roma aus Gataia zum großen Teil nicht oder kaum die Schule besucht haben, waren die Erwachsenen und Jugendlichen, die in Timisoara aufgewachsen sind, häufig zumindest für einige Jahre regelmäßig in der Schule.
Die unterschiedlichen Gruppen bleiben oft unter sich.
Aufenthaltsrechtliche Situation
Seit Öffnung der Grenzen nach Osteuropa sind, insbesondere in den frühen 90er Jahren, viele Romafamilien aus Rumänien in die BRD geflüchtet. Sie hatten unter den neuen Entwicklungen im Herkunftsland besonders zu leiden. Die Asylanträge, die die Familien bei ihrer Ankunft in der BRD stellten, wurden jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass es eine nachweisbare Gruppenverfolgung aufgrund ethnischer Herkunft als Roma in Osteuropa nicht gäbe. Trotz gegenteiliger Berichte von namhaften internationalen Menschenrechtsorganisationen und Roma-Selbsthilfe-Verbänden bleibt das auswärtige Amt und das Innenministerium bis heute bei dieser ablehnenden Haltung.
Die einzige Möglichkeit zum weiteren Verbleib im Bundesgebiet führte über die Ausbürgerung aus der Staatsbürgerschaft des Herkunftslandes. Im Falle Rumäniens wurde diese Ausbürgerung bei der Botschaft beantragt und gegen die Zahlung von Geldern bestätigt. Die Familien bekamen danach einen Fremdenpass mit Aufenthaltserlaubnis oder – befugnis und dem Status „staatenlos“.
Die 1992 zwischen der Bundesregierung und verschiedenen osteuropäischen Staaten abgeschlossenen Rückübernahmeverträge hatten u.a. die Folge, dass die Ausbürgerungsbestätigungen überprüft und in 80% der Fälle - so die Information der Frankfurter Ausländerbehörde - als gefälscht bezeichnet wurde. Die Belegschaft der rumänischen Botschaft wurde Mitte der 90er Jahre komplett ausgewechselt.
Das aktuelle Ergebnis dieser Vorgehensweise ist:
- die Mehrzahl der Fremdenpässe wurde entzogen
- statt dessen werden Duldungen erteilt. Duldung bedeutet die „Aussetzung der Abschiebung“. Eine Duldung gilt als Passersatz und hat eine Laufzeit von max. einem Jahr
- viele Familien verfügen nur noch über Grenzübertrittsbescheinigungen, mit der Aufforderung innerhalb von sechs Wochen das Bundesgebiet zu verlassen
Der weiterer Aufenthalt und die Abwehr der Abschiebung kann nur durch die krankheitsbedingte Verlängerung der Duldung oder der Grenzübertrittsbescheinigung erreicht werden.
Die Unsicherheit des Aufenthalts bedingt allerdings eine ständige Unsicherheit der Lebenssituation, eine „permanente Vorläufigkeit“.
Wirtschaftliche Situation/Sozialhilferecht
Vor diesem Hintergrund ist die Erlangung einer Arbeitserlaubnis oder eines Gewerbescheins zur selbständigen Arbeitsaufnahme fast unmöglich. Kindergeld wird aufgrund des Status nicht an die Familien gezahlt.
Auch Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) erhalten nicht alle Familien (nach den Erfahrungen aus der Beratungsarbeit des Fördervereins Roma nur ca. 50 %).
Die Ablehnung von Sozialhilfe wird damit begründet, dass:
- Vermögenswerte unterstellt werden
- der Mitwirkenspflicht nach Meinung der Behörden nicht ausreichend nachgekommen wird
- oder nach BSHG § 120 unterstellt wird, dass das Bundesgebiet nur betreten wurde, um Sozialhilfe zu erhalten.
Die Familien, die unterstützt werden, erhalten in der Regel Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, oft aber nicht für die ganze Familie, sondern nur für die in der BRD geborenen Kinder.
Ausnahmefälle bezüglich der Erteilung von Leistungen betreffen die Ausstellung von Krankenscheinen, die Übernahme von Mietkosten oder die Unterbringung in Notunterkünften bei Obdachlosigkeit.
So wird verständlich, dass jede Möglichkeit von den Familien genutzt werden muss, um den Lebensunterhalt zu sichern. Sobald die Kinder dazu in der Lage sind, tragen sie ihren Teil dazu bei.
Gesundheit
Soweit eine Versorgung mit Krankenscheinen über das Sozialamt gewährleistet ist, können die Familien die Dienste der Ärzte und der Krankenhäuser in Anspruch nehmen.
Diejenigen, die auch von dieser Leistung ausgeschlossen sind, müssen entweder jede ärztliche Hilfe selbst bezahlen oder sie wenden sich an die in Frankfurt existierende Sprechstunde für Roma im Stadtgesundheitsamt. Dort wird einmal pro Woche für zwei Stunden unentgeltlich eine erste ärztliche Versorgung durch einen rumänisch sprechenden Arzt gewährleistet. Jede weitere Hilfe kann nur mit einer Kostenzusage des Sozialamtes garantiert werden.
Bei Untersuchungen, z.B. auch bei der schulärztlichen Untersuchung fällt auf, dass der Gesundheitszustand vieler Roma aus Rumänien, insbesondere der Frauen und Kinder, weitaus schlechter ist als bei weiten Teilen der übrigen Bevölkerung.
Wohnsituation
Die meisten Romafamilien aus Rumänien leben in Wohnungen die,
- am untersten Standard anzuordnen sind
- unter normalen Bedingungen nicht mehr zu vermieten wären und
- oft als Spekulationsobjekte dienen
- für die Größe der Familie zu klein und
- von der Bausubstanz wie auch von der hygienischen Versorgung völlig unzureichend und
- überteuert sind
Eine weitere Unterkunftsmöglichkeit besteht, soweit die teure Kostenübernahme über das Sozialamt gesichert ist, in der Unterbringung in einem Hotel.
Neu ankommende oder obdachlos gewordene Familien wohnen behelfsmäßig bei Familienmitgliedern, die eine Unterkunft haben. Dies führt zur Überbelegung und zu Konflikten mit Nachbarn. Soweit das Sozialamt die Kosten einer Unterbringung übernimmt oder per Gerichtsbeschluss eine Unterbringung angeordnet wird, kommen die betroffenen Personen in sogenannten Obdachlosen- oder Notunterkünften unter. Wird eine solche Unterbringung verweigert, schlafen die Familien im Auto.
Familie und Sozialisation
Die Solidargemeinschaft der Großfamilie spielt für viele Roma eine große Rolle, bietet sie doch den notwendigen Rückhalt und Schutz. Traditionelle Familienstrukturen, Verpflichtungen und Verhaltenscodices regeln das Zusammenleben, das u.a. durch Zusammenkünfte an Festtagen etc. gefestigt wird. Strenge Normen bestimmen den Alltag. Zentrale Aspekte sind hierbei die Rolleneinhaltung (Jung – Alt, Mann – Frau, Verwandte – Fremde etc.), die Achtung älterer Roma, Erhalt der Familienehre und spezielle Reinheitsgebote. Sicherheit im Alter wird durch die jüngeren Roma garantiert. Durch die Veränderung der Lebensbedingungen wandelt sich jedoch auch hier die traditionelle Familienform, so ist z.B. das Wohnen mit der Großfamilie oft nicht mehr möglich.
„In der Roma-Gesellschaft ist nichts wichtiger als die Familie; dem Individuum kommt dagegen nicht die Bedeutung zu, die ihm in der Gadsche-Gesellschaft eingeräumt wird
(ein Rom ist kein Rom). Entscheidungen werden gemeinsam getroffen. Roma-Kinder können auch nicht allein sein. Die Jungen, auch die Kinder dürfen sich überall einmischen, sie werden gelobt, wenn sie dreinreden, sind fast immer dabei und wissen in jungen Jahren viel über Geschlechterkonflikte, Beziehungen, Intrigen etc. In der Schule können sie dann gar nicht verstehen, warum sie plötzlich gerügt werden, wenn sie sich ungefragt äußern.“ (Renata Erich, Romano Centro Wien)
Die Gruppe hat existentielle Bedeutung für die Strategien der Lebensbewältigung, für das Überleben überhaupt.
So wird der Wunsch vieler Kinder, zusammen in einer Schule oder gar Klasse unterrichtet zu werden, verständlicher. Es ist auch einer der Gründe, weshalb Roma zu Terminen, Anmeldungen etc. selten alleine auftauchen.
Die oft verzweifelte wirtschaftliche Situation belastet die Kinder erheblich, da Probleme in ihrem Beisein besprochen werden. Sie erfahren von klein auf die ablehnende und negative Haltung, die ihnen in der Öffentlichkeit entgegengebracht wird. Ihnen ist bewusst, dass sie außerhalb der Familienverbände nur selten Unterstützung erwarten dürfen.
Das kleine Kind genießt innerhalb des Familienverbandes große Freiheiten. Dies endet mit dem Zeitpunkt des Erwachsenseins (ab 13 Jahre, familienabhängig, geschlechtsabhängig). Eine Zeit des Umbruchs, des Aufbegehrens - wie in der westeuropäischen Sozialisation – gibt es nicht; dafür fehlten und fehlen oft Raum und Zeit. Der Eintritt in das Erwachsenenalter wird mit allen Grenzziehungen und Konsequenzen gelebt, was bedeutet: andere Kleiderordnung, Erwerbstätigkeit traditioneller Art, frühe Heirat und Familiengründung, Verantwortung, Entscheidungen.....
Das Erziehungssystem in den meisten Romafamilien unterliegt nicht der Werteskala der Mehrheitsgesellschaft, hat andere Grenzziehungen und Gewichtungen.
Es ist sehr schwierig für Außenstehende, sich ein Bild davon zu machen, wie die Autorität der Erwachsenen den Kindern gegenüber in Roma-Familien funktioniert.
Zur schulischen Situation
Viele Kinder aus zugewanderten Romafamilien besuchen nicht oder nur zeitweise eine Schule.
Bestimmte strukturelle Probleme, die sich aus den unterschiedlichen Lebenswelten ergeben, werden von Lehrern und Schulleitern immer wieder angesprochen.
Kinder, die eine Schule besuchen:
- fehlen häufig
- sind unpünktlich
- haben die notwendigen Materialien nicht dabei
- machen keine Hausaufgaben
- sitzen nicht still
- reagieren nicht darauf, wenn die ganze Lerngruppe angesprochen wird
- sprechen schlecht deutsch
- sprechen und antworten direkt, ohne aufgefordert zu sein
- lassen sich im Gespräch mit anderen auch nicht vom Lehrer unterbrechen
- sind schnell gekränkt, wenn sie ermahnt oder nicht sofort beachtet werden
- haben eine niedrige Frustrationstoleranz
- provozieren andere und reagieren auf Provokationen aggressiv
- haben keinen Respekt
- akzeptieren die Autorität der Lehrer nicht grundsätzlich, sondern erst, wenn die Lehrer sie überzeugt haben
- sind (von einem bestimmten Alter an) einfach weg
Viele dieser Verhaltensweisen kennen Lehrer auch von anderen Kindern. Wenn Romakinder in diesem Sinn auffällig sind, so ist es wichtig zu wissen, dass neben dem Individuellen sich hier auch das Verhältnis zwischen dieser Minderheit und der Mehrheitsgesellschaft ausdrückt.
„Unsere Kultur ist uns wichtiger als Schule.......“ (Aussage einer rumänischen Romni). Für unsere Gesellschaft ist Schule selbstverständlich.
Den Roma sind Schule und Schriftkultur zunächst einmal fremd, gehören sie doch aus ihrer Sicht der fremden, der „gadje“-Kultur (Nicht Roma) an. Man begegnet ihnen mit Distanz und wenig Vertrauen. Diese Fremdheit gegenüber der Schule variiert je nach Herkunft der Familien und entsprechend ihren Erfahrungen.
Über viele Jahrhunderte und in ganz Europa haben die Roma immer wieder schlechte Erfahrungen damit gemacht, dass über Zwangsbeschulung und Zwangsassimilation versucht wurde, ihre Kultur zu vernichten.
Ihre eigene Sprache, das Romanes, ist nur mündlich überliefert. Es gibt heute Versuche, es zu einer Schriftsprache zu machen, aber bisher ist es dafür noch nicht zu einheitlichen Normen gekommen. Es bestehen sogar Ängste, dass dadurch die Sprache „in die Hand der gadsche“ (Nicht-Roma) gegeben, vereinnahmt wird.
Andererseits gibt es Versuche – z.B. im österreichischen Burgenland- systematische Lernprogramme für das Romanes zu entwickeln.
Schule hat Erfahrungen mit Migrantenkindern aus vielen Ländern, deren Eltern aus verschiedenen Gründen Analphabeten sind. Dennoch stimmen die meisten dieser Eltern grundsätzlich dem Schulbesuch zu und sind darüber hinaus an guten Schulabschlüssen für ihre Kinder interessiert. Darin unterscheiden sich die Romafamilien von anderen Minderheiten, die mit uns leben.
Ob ein Kind zur Schule geht oder nicht bestimmt die Familie – und das Kind selbst. Wenn man zur Schule geschickt wird, soll man für die Familie nützliche Fertigkeiten erwerben.
Nicht nur, ob ein Kind in der Schule angemeldet wird, bestimmt die Familie, sondern auch über den Schulbesuch an bestimmten Tagen: das Kind ist krank oder fühlt sich nicht wohl, es muss mit einkaufen, zu Ärzten oder Behörden gehen, zu Hause helfen, zu Familienfesten oder Beerdigungen gehen oder fahren oder auch zum Lebensunterhalt beitragen.
„Roma-Kinder sind nicht an einen regelmäßige Tag-Nachtrhythmus gewöhnt. Sie schlafen, wenn sie müde sind, nehmen an allen Festen und Diskussionen bis in die Nacht teil und schlafen eben dann bei Tag. Das erschwert ein tägliches, pünktliches Erscheinen in der Schule sehr.“ (Renata Erich, Romano Centro Wien)
Ebenso sollte man davon ausgehen, dass der Umgang mit Zeit (und z.B. auch mit Geld) grundsätzlich anders organisiert ist als in unserer Gesellschaft.
„Das Verhalten der Roma ist, im Gegensatz zu dem der Gadsche, von Intuition bestimmt. Damit hängt zusammen, dass für viele Roma die Zeit linear ist. Sie leben im Präsens, Vergangenheit und Zukunft sind Randerscheinungen. Was aus der Vergangenheit eine Rolle spielt, ist aktuell, als sei es heute geschehen. Zeit und Raum versteht ein Romakind anders als andere.....“ (Renata Erich, Romao Centro Wien)
Für Jugendliche von einem sehr frühren Alter an wird Schulbesuch als unnütz und bedrohlich angesehen. Den jungen Mädchen kann zuviel passieren, wenn sie nicht unter Familienaufsicht stehen. Sie werden auch von der Mutter gebraucht und müssen sich auf ihre zukünftige Rolle als verheiratete Frau vorbereiten. Sie werden früh verheiratet. Die männlichen Jugendlichen beenden den Schulbesuch, weil von ihnen erwartet wird, dass sie mit für den Lebensunterhalt sorgen und von den erwachsenen Männern ihren „Beruf“ (hier und jetzt vorwiegend Autohandel) lernen.
Roma-Kinder sind dennoch offen und neugierig für die Angebote der Schule. Sie haben in der Regel aber, außerhalb der Familie, bislang keinerlei Gruppenerfahrung mit anderen Kindern.
Wie viele andere Kinder auch, sprechen sie zunächst ausschließlich ihre Muttersprache.
Konzeptionelle Eckpunkte
Die intensive Begleitung und Betreuung von Familien soll nach Maßgabe der sozialpädagogischen Familienhilfe bei Erziehungsaufgaben, der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützend wirken und die Motivation zur Selbsthilfe mobilisieren.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass, orientiert an den Strukturen der aus Polen und Rumänien stammenden Roma-Familien, das Vertrauen, die Sensibilität und die persönliche Glaubwürdigkeit der MitarbeiterIn den Schlüssel zu allen pädagogischen Aktivitäten darstellen.
Gerade die im Vorfeld der beschriebenen Probleme, deren Focus immer in der Familie und zwar in der für Außenstehende nur noch schwer nachvollziehbaren Großfamilie liegt, können nur gemeinsam bearbeitet werden, wenn eine gegenseitige Öffnung und Akzeptanz angestrebt wird. Es bedarf seitens der Mitarbeiterin einer großen Empathie, sich mit Entscheidungsmechanismen, Hierarchien und Lebensformen auseinander zu setzen, die vorerst antiquiert erscheinen, im Kern allerdings die Erklärung für viele Fragen und Wünsche der Kinder und der Eltern darstellen.
Die klassische Trennung zwischen der Sicherung der Existenz – im wahrsten Sinne des Wortes – und den Problemen, die danach kommen, wie Schule, Ausbildung, Berufstätigkeit, Identitätsfindung, Generationskonflikte, ist im Felde der Arbeit mit Roma-Flüchtlingen nicht gegeben. Aufgrund der sozialen und ökonomischen Situation der Menschen, allerdings auch aufgrund ihres traditionellen und kulturellen Profils, ihrer Erfahrung und Lebensgestaltung spielt sich jedes Thema vor dem Hintergrund der verantwortlichen Familienmitglieder ab. Dies ist oft nicht allein die Mutter und/oder der Vater, sondern alle näheren Verwandten, denen das Wohl oder die gemeinsame Perspektive am Herzen liegt.
Ansätze, die sich an der/dem Alleinerziehenden bzw. der Kernfamilie orientieren, bieten in der praktischen Arbeit keine Grundlage. Selbst wenn vorerst, als Ansprechpartner lediglich eine junge Frau mit ihren Kindern auftritt, so zeigt sich nach kurzer Zeit, dass hinter den ersten Protagonisten ein oftmals recht kompliziertes Netz von Verwandten steht, die in allen Fragen der Familien- und Lebensplanung mitreden und mitentscheiden. Die ersten Schritte sind davon gekennzeichnet, mit den wichtigsten Ansprechpartnern, nämlich der Mutter und den Kindern ein Verständnis aufzubauen, das im gesamten Familienverband geteilt wird. Der Begriff Familienhilfe kommt auf seinen eigentlich Inhalt zurück. Es geht nicht um die Klein-, Teil- oder Patchwork-Familie, sondern wirklich um die Tätigkeit innerhalb einer Gemeinschaft, die verbindlich und verantwortlich alles Tun und alle Wünsche bespricht und organisiert. Der große Rahmen einer solchen Gemeinschaft umfasst bei entsprechenden Treffen oft mehr als hundert Menschen. Der Kern, der innerhalb der sozialpädagogischen Familienhilfe als Hintergrund der Arbeit zu sehen ist, beschreibt in der Regel zwischen zehn und zwanzig Personen.
Selbst die Ausnahme, d. h. der Wunsch von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aus bekannten Strukturen auszubrechen, neue Lebensentwürfe zu versuchen, beinhaltet die ständige Bezugnahme zur Großfamilie. Die gesellschaftliche Konfrontation mit verschiedensten Perspektiven bedingt selbstverständlich auch bei Roma den Mut und den Wunsch eines Ausbruchs. Diese Praxis ist oft eine Mischung von individueller Freiheit mit – soweit möglich – der verlässlichen Sicherheit innerhalb der Großfamilie. Viele Auseinandersetzungen innerhalb der sozialpädagogische Familienhilfe haben nicht zuletzt diese beschriebene Konstellation zum Gegenstand.
Erfahrungen innerhalb der sozialpädagogischen Familienhilfe
Der Verein bietet zur Zeit sozialpädagogische Familienhilfe in Roma-Familien aus Polen und einer Familie aus Rumänien an.
Generell wird das Angebot der Familienhilfe bereits seit 13 Jahren vor allem von polnischen Roma wahrgenommen. Es besteht eine bemerkenswerte Offenheit und Kooperationsbereitschaft im gesamten Familienverband gegenüber dieser speziellen Hilfeform. Die wesentlichen Tätigkeitsbereiche liegen vor allem in
- der Hilfe hinsichtlich der existentiellen Absicherung, d. h. der Organisation von Sozialhilfe, von Hilfen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder von zusätzlichen Leistungen. Die mangelhafte Versorgung bedingt die Hinzuziehung der Jugendlichen bei der Existenzsicherung (Betteln, kleine Geschäfte), die unzureichende Behandlung bei Krankheiten von Kindern und Müttern und die Gefahr von frühzeitiger Delinquenz,
- der Unterstützung bei der Bereitstellung von passendem Wohnraum. Die unzureichende Unterkunft und die damit zusammenhängende Überbelegung sind Grundlage von Konflikten. Letztlich schafft erst der Aufbau von verantwortbaren Lebensbedingungen die Voraussetzung dafür, pädagogisch sinnvolle Arbeit leisten zu können,
- einem adäquaten Freizeitangebot (Ausflüge, Ferienfreizeiten, Kino, Zoo, Kochen, Schwimmbad ...),
- dem Aufbau von Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten, die sich an den Kenntnissen und Wünschen der Jugendlichen orientiert. Hier ist derzeit in Kooperation mit der Jugendgerichtshilfe ein Computerprojekt in Vorbereitung. Die Vermittlung von Alphabetisierungskursen für junge Erwachsene (VHS) bildet ein zweites Standbein,
- der Beratung bei Straffälligkeit und hinsichtlich der Ableistung von Arbeitsauflagen. Die Aktivitäten orientieren sich sowohl an der Einsichtsfähigkeit der Betroffenen in den Straftatsbestand als auch an der Organisation einer nachvollziehbaren Beschäftigung. In diesem Zusammenhang bietet die Ableistung der Auflagen innerhalb der Kindertagesstätte „Schaworalle“ oder der Beratungsstelle des Vereins einen sehr guten Ansatz,
- dem kontinuierlichen Gesprächsangebot gegenüber der Erziehungsberechtigten. In der Regel ist dies die Mutter oder auch die ältere Schwester, die sich um die jüngeren Geschwister kümmert. Die Väter, soweit diese im gemeinsamen Haushalt leben, halten sich im Hintergrund, sind jedoch bei prinzipiellen Fragen zur Zusammenarbeit bereit. Dort, wo kein Vater existiert, wird dessen Rolle von nahen Verwandten wahrgenommen. Das enge Verhältnis zwischen Mitarbeiterin und Mutter bildet die Grundlage der Einflussnahme auf Verhalten und Lebensorganisation. Das Prinzip des Konsens und des gemeinsamen Beschlusses hinsichtlich Änderungen ist das tragende Moment. Selbstverständlich sind Konflikte wie beispielweise bezüglich der verbindlichen Wahrnehmung von Terminen vorprogrammiert. Auch hier ist der Appell in die Einsicht und die Vermittlung von negativen Folgen als Konsequenz die Voraussetzung für jede positive Entwicklung,
- der Unterstützung und der Schaffung eines kontinuierlichen Schulbesuchs bzw. der Hilfe bei der Suche nach dem geeigneten Schultyp. Es sei an dieser Stelle nochmals nachdrücklich erwähnt, dass eine zentrale Zielsetzung der sozialpädagogischen Familienhilfe darin besteht, den Teufelskreis zwischen Schulfehlzeiten, mangelndem Austausch zwischen Schule und Eltern und frühzeitiger Zuweisung in die Sonderschule zu durchbrechen. Es wird sich intensiv darum bemüht, bereits in den ersten Schuljahren Grundlagen für die Förderung des Kindes oder Jugendlichen und das Verständnis gegenüber den Belangen der Kinder aufzubauen. Das kontinuierliche Gespräch mit den Eltern, den Fachlehrern und der Schulleitung ist hierbei von enormer Bedeutung. Der Verein profitiert in dem Bereich von der Erfahrung innerhalb der Schulvorbereitung und Alphabetisierung der Kindertagesstätte „Schaworalle“ sowie der engen Zusammenarbeit mit den für das Projekt freigestellten Lehrerinnen sowie dem staatlichen Schulamt,
- der Einbindung der Familien in den jeweiligen Stadtteil. Die Vermittlung von Angeboten verschiedener Einrichtungen für Jugendliche (Jugendzentrum, Abenteuerspielplätze, Ferienfreizeiten) oder die Hilfe bei der Anmeldung für den Hort oder den Kindergarten stehen im Vordergrund, der Abbau von Berührungsängsten und Ressentiments und die Eröffnung von Erfahrungen jenseits des Bekannten Umfelds stehen im Mittelpunkt,
- der Begleitung bei Ämtergängen. Die Skepsis, die Angst und das Problem der Verständigung sind die maßgeblichen Hürden bei der Kontaktaufnahme. Es hat sich gezeigt, dass alleine durch die sensible Vermittlung und die Übernahme von notwendigen schriftlichen Aufgaben seitens der Familienhelferinnen, Erfolge in der Versorgung oder auch in der Wahrnehmung der notwendigen Kooperation mit den Ämtern zu verzeichnen sind. Dies bedingt einerseits den Abbau von Klischees gegenüber Roma und trägt andererseits zum Verständnis bezüglich der Belange jeder Verwaltung bei,
- der Hilfe bei innerfamiliären Konflikten. Es kristallisieren sich bei der beschriebenen recht komplexen Struktur der Großfamilie und dem Leben von mehreren Generationen innerhalb eines verbindlichen Rahmens oft Rivalitäten und Konkurrenzen durch die Einrichtung der Hilfe heraus. So wird beispielsweise die Notwendigkeit des Schulbesuchs seitens der Mutter geteilt, jedoch nicht seitens der Großmutter des Kindes, die darin eine Gefahr der Entfremdung sieht. Aufgabe der Familienhilfe besteht vor dem Hintergrund sowohl in der Stärkung des Kindes und der Mutter als auch in der Vermittlung der Sinnhaftigkeit des Schulbesuchs und des Abbaus der Ängste gegenüber der Großmutter. Auch die Unterstützung bei Ablösungsprozessen zwischen den Generationen (der Bezug einer eigenen Wohnung durch die Tochter und deren Kinder) ist Gegenstand dieser Konfliktlage.
Das dargelegte Arbeitsfeld, die avisierten pädagogischen Ziele und deren Umsetzung haben einen allgemeinen Handlungsrahmen.
Eckpunkte dieses Rahmens sind
- die Mobilisierung der eigenen Kräfte und Kenntnisse innerhalb der Familien und die Animation der Selbsthilfe,
- die Stabilisierung der einzelnen Personen, der Familie und der nahesten Bezugpersonen des Kindes bzw. Jugendlichen,
- die Infragestellung der Abwertung durch die Betroffenen selbst bzw. der Abwertung durch Fremdzuweisung,
- der Aufbau und Ausbau der eigenen Handlungskompetenz,
- die Förderung und Forderung von individuellen Fähigkeiten, Begabungen, Talenten und Neigungen,
- der Aufbau von Kooperationsbereitschaft
- die Schaffung von Durchsetzungsvermögen,
- Strukturierung des Lebensalltags,
- Unterstützung in der Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung,
Der Hilfeumfang, der Verlauf, die Durchführung der sozialpädagogischen Familienhilfe erfolgt durch
- gemeinsame Gespräche zwischen den Familienhelfern, der Anleitung, den Eltern und dem Sozialen Dienst, der zugleich auch die Federführung inne hat,
- die Überprüfung der Arbeit anhand von Verlaufs-, Ziel- und Ergebnisprotokollen,
- die Reflexion mit den pädagogischen Fachkräften des Vereins,
- der außerbetrieblichen Supervision,
- der Ausarbeitung eines Hilfeplans, d. h.
o Benennung der unmittelbaren Ansprechpersonen (Kind, Jugendliche, Mutter, Vater,
nähere verantwortlichen Verwandten) und der weiteren Kooperationspartner (Lehrer,
Sozialamt, Schule, Hort Kindergarten, Justiz, Polizei, Ausländerbehörde,
Wohnungsamt, Jugendamt),
o Benennung der Probleme (Versorgung, Unterkunft, Vernachlässigung, Lernverhalten,
Schulbesuch, Ausbildung, familiäre Konflikte, häusliche Organisation, fehlende
Erziehungskompetenz, Straffälligkeit, unzureichende Verständigung, Krankheit,
Absicherung des Aufenthalts),
o Ziele (Aufbau einer Vertrauensbasis, Stärkung der Eigenkompetenz, Stabilisierung
im Bereich Schule und Ausbildung, Aufbau bzw. Stärkung von Strukturen und
Verbindlichkeiten, Unterstützung des Lernverhaltens, Hilfe bei medizinischen und
therapeutischen Problemen, Ausbau von Erfahrungen durch spezielle Angebote im
Freizeitsektor, Ausbau der Wahrnehmung eigener Fähigkeiten und des Einschätzungs-
vermögens gegenüber Dritten,
o Zeitplanung (Organisation und Einteilung der Stunden in der Familie und außerhalb der
Familie im Rahmen der Freizeitgestaltung, Vereinbarung des nächsten Hilfegesprächs,
Vereinbarung über den Termin der Abgabe des Entwicklungsberichtes),
o Intervention (Gespräche, Begleitung, einzelne und gemeinsame Aktivitäten,
Vermittlung bei Kontakten mit Behörden und Beratungsstellen),
- der Erstellung eines Entwicklungsberichtes nach sechs bzw. zwölf Monaten,
- der gemeinsamen Reflexion mit allen Beteiligten über die bisher geleistete Arbeit und die weitere Perspektive.
5. Wirtschaftlichkeit, Finanzierungskonzept
Als eigenständiges Angebot und als Ergänzung zur Arbeit der Kindertagesstätte „Schaworalle“ des Förderverein Roma ist der Ausbau der sozialpädagogischen Familienhilfe dringend angezeigt. Besonders die bezeichnende desolate Situation vieler Familien lässt es als ebenso sinnvoll wie erforderlich erscheinen, die sozialpädagogische Familienhilfe weiter zu entwickeln.
Gerade das pädagogische Profil dieser Hilfeart ermöglicht es, der Identität der Familien Rechnung zu tragen und Perspektiven aufzubauen.
Die Hilfen orientieren sich an der in der Leistungsbeschreibung festgesetzten Kostenberechnung.
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