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Jahresbericht 2006
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KINDERTAGESSTÄTTE SCHAWORALLE
Was ist „Schaworalle“?
Schaworalle ist eine besondere Kindertagesstätte. Der Name
„Schaworalle“ kommt aus dem Romanes und bedeutet „Hallo Kinder“. Der Name
ist Programm. Bundesweit einmalig werden hier fast ausschließlich Kinder von
Romafamilien aus Rumänien betreut.
Schaworalle besteht als Kindertagesstätte seit Mitte 1999, konsolidiert,
erweitert und verändert sich Jahr für Jahr. Seit dem Frühjahr 2002 sind wir in
der Frankfurter Innenstadt angesiedelt.
Kindergarten, Schulprogramm, Mittagessen, Hausaufgabenhilfe und ein
abwechslungsreiches Freizeitprogramm am Nachmittag sind die Eckpfeiler der
pädagogischen Arbeit. Die Familienberatung, die Jugendhilfe und ein
EU-Beschäftigungsprojekt für Jugendliche und junge Erwachsene sind weitere
Angebote des Fördervereins Roma.
Die Konzeption von Schaworalle ist nicht theoretisch entstanden, sondern
entwickelte sich aus der dreijährigen Erfahrung des Projektes „Schaworalle“,
das, finanziert durch das Jugendamt der Stadt Frankfurt, 1996 damit begann, sich
um rumänische Romakinder zu kümmern, die durch Bettelei, Diebstähle,
Prostitution und Nachbarschaftskonflikte aufgefallen waren. Diese Themen
bestimmen längst nicht mehr den Alltag.
Zu einem Zentrum der Arbeit hat sich, orientiert an der Notwendigkeit, aber auch
dem Wunsch der Kinder, zu lernen, der Bereich „kleine Schule“ entwickelt, der
Unterricht in Schaworalle.
Schaworalle ist auch Schutzraum, achtet die Regeln und Gesetze der Roma und
versucht zwischen den Welten der Mehrheit und der diskriminierten Minderheit
durch den Aufbau von Vertrauen zu vermitteln. Zusammenarbeit von Roma und
Nicht-Roma, intensive Beziehungsarbeit und ein am Gemeinwesen der Roma
orientiertes pädagogisches Denken sind zentrales Moment der täglichen Arbeit.
2006 war für Schaworalle ein besonderes Jahr.
So wurden wir am 28.April in Stuttgart von der Theodor-Heuss-Stiftung für
„das beispielhaftes Engagement, mit dem der Kampf gegen Bildungsarmut und
gesellschaftliche Ausgrenzung aufgenommen wurde“ mit einer Medaille
ausgezeichnet. Die „Theodor-Heuss-Stiftung zur Förderung der politischen
Bildung und Kultur in Deutschland und Europa e.V.“ verleiht jährlich einen Preis
sowie mehrere Medaillen. Den Theodor-Heuss-Preis erhielt 2006 der ehemalige
Präsident der Weltbank, James D. Wolfensohn für sein Engagement bei der Gründung
der „Dekade der Roma 2005 bis 2015“. Ein weiterer Medaillenträger neben
Schaworalle war der Pakiv European Roma Fund aus Budapest.
Zudem konnten wir im Oktober 2006 mit einem großen Fest und vielen Gästen
10jähriges Jubiläum feiern. Es hat uns sehr gefreut, viele wichtige
Vertreter aus Ämtern und Institutionen, die unsere Arbeit schon lange begleiten,
begrüßen zu dürfen und aus ihren Redebeiträgen und Glückwünschen wirkliche
Anerkennung und Wertschätzung zu hören.
Hintergründe
Viele, längst schulpflichtige Romakinder besuchen die Regelschule
sporadisch oder gar nicht. Die Diskrepanz zwischen der Lernbereitschaft und
Motivation der Kinder im Zusammenhang von Schaworalle und der Tatsache, dass
sie, obwohl zum Teil schon sehr lange in Deutschland, der Schulpflicht kaum
Beachtung schenken, zeigt, dass der herkömmliche Regelschulbetrieb ein Bereich
ist, in dem sie ihre Erfahrungswelt, ihre Geschichte und Sprache nicht
wiederfinden.
Der europaweit alarmierend hohe Teil von Romajugendlichen ohne Schulabschluss
weist gleichzeitig auf die geringe Chance einer qualifizierten beruflichen
Perspektive hin. Der Teufelskreis von gesellschaftlicher Ausgrenzung, sozialer
Randständigkeit und Verelendung schließt sich.
Schule und Ausbildung werden so zu einem Moment der Diskriminierung.
Die Erfahrung vieler Romafamilien aus Rumänien ist die Erfahrung des Lebens in
Unsicherheit, der ständigen Sorge um den Lebensunterhalt der Familie, der Sorge
um die gesundheitliche Lage der Familienmitglieder, der Sorge um Aufenthalt und
Wohnung.
Der Lebensunterhalt wird oft „auf der Straße“ verdient, mit Betteln, dem Verkauf
von Obdachlosenzeitungen, dem halblegalen Handel, etc. Schon früh tragen die
Kinder mit dazu bei. Die Lebenserfahrung der Eltern und Großeltern (viele waren
selbst nicht in der Schule) hat sie gelehrt, dass auf die Institutionen der
Nicht-Roma („Gadsche“) kein Verlass ist, und dass die entscheidenden Erfahrungen
für das Erwachsenenleben in der Familie und auf der Straße gemacht werden. Die
katastrophale ausländerrechtliche Situation, in der sich viele Familien seit
Jahren befinden, verschärft das Misstrauen.
Ebenso groß ist die Sorge der Eltern, dass der Besuch der Schule „ohne Rücksicht
auf unsere Zweisprachigkeit, auf unsere Erziehung zu Unabhängigkeit, und auf ein
Leben in Herrschaftslosigkeit unsere Kinder von den Familien entfremdet.“ (Melanie Spitta, aus FR vom 15.04.2000).
Schaworalle versucht, an dieser Schnittstelle anzusetzen. Die meisten Eltern
wünschen sehr wohl für ihre Kinder, dass sie Rechnen, Schreiben und Lesen
lernen, finden sich und ihre Lebensorganisation aber in den Institutionen der „Gadsche“
nicht wieder und stehen diesen misstrauisch gegenüber. Oft obliegt es den
Kindern selbst, in die Schule zu gehen oder nicht; es gibt auch Kinder, die den
Schulbesuch gegen den Willen der Eltern durchsetzen. Vielen Kindern fehlen im
Einschulalter die Voraussetzungen für den Schulbesuch. Sie sind in ihrer
Muttersprache Romanes sozialisiert worden, sprechen die Sprache der
Mehrheitsgesellschaft wenig oder nicht und haben mit den spielerischen
Tätigkeiten, die andere Kinder im Kindergarten- und Vorschulbereich lernen,
wenig zu tun gehabt.
Immer wieder wird die gleiche Frage gestellt: Warum brauchen wir für diese
Kinder eine eigene Tagesstätte? Ist nicht das Ziel jeder Bildungsmaßnahme die
Integration der Romakinder in die bestehenden Einrichtungen der Stadt?
Die Erfolge der letzten Jahre, die Motivation und das Vertrauen der von uns
betreuten Kinder und Familien zeigen, dass in der Konzeption von Schaworalle und
der hier begonnenen Arbeit ein richtiger Ansatz liegt, auch wenn dieser Ansatz
bei weitem nicht der einzig mögliche ist. Denn gerade wenn die bewusste und
gewollte Integration der Roma unter Wahrung der kulturellen Identität das Ziel
ist, bedarf es zunächst der Bewusstwerdung, der Findung der eigenen Rolle
innerhalb der Mehrheitsgesellschaft. Die Tatsache, dass ausschließlich
Romakinder betreut werden, vermittelt Sicherheit, gibt den Kindern die
Möglichkeit, Erfahrungen und Erlebnisse zu artikulieren und zu reflektieren, die
ihrem Leben eigen sind.
So ist die Muttersprache Romanes, die Betreuung in Romanes, aber auch das Klären
von Konflikten und Problemen in der Muttersprache ein unerlässlicher Baustein;
zum einen, weil viele Kinder die deutsche Sprache nur schlecht beherrschen, zum
anderen, weil Sprache Teil kultureller Identität ist.
Schutz der Kinder und Jugendlichen, Prävention und die Identität der
gesellschaftlichen Minderheit sowie Vermittlung und Information nach außen
spielen in der Arbeit eine ebenso entscheidende Rolle wie die gemeinsame Suche
nach einer Perspektive, die konkrete individuelle Hilfestellung und die Beratung
der Familien.
Schaworalle ist ein Modellprojekt und will zeigen, dass es – trotz vieler
Schwierigkeiten und Widersprüche - sehr wohl und sehr gut möglich ist, mit
Romakindern und –familien erfolgsorientiert im Bereich Bildung zu arbeiten. Dies
bedeutet jedoch nicht, die anderen Institutionen, insbesondere die Schulen, aus
ihrer Verantwortung zu entlassen, sondern genau das Gegenteil. Wir wollen dazu
anregen, über Vorurteile, Klischees und Rassismus nachzudenken, neugierig machen
auf die Kinder und ihre Familien und Ideen geben für innovative pädagogische
Ansätze.
Finanzierung und Ausstattung
Die Kindertagesstätte „Schaworalle“ ist eine Einrichtung des
Fördervereins Roma für mittlerweile 70 Kinder im Alter von 3 – 16 Jahren, die
regulär über das Schulamt der Stadt Frankfurt, das Jugendamt Frankfurt und das
Landesjugendamt finanziert wird. In Anbetracht der wirtschaftlichen Situation
der von uns betreuten Familien zahlen die Eltern keinen Beitrag und auch kein
Essensentgelt. Diese Beträge werden vom Frankfurter Jugend- und Sozialamt
übernommen.
Der Betrieb in Schaworalle war im Frühjahr und Sommer 2006 im Bereich Schule und
Hort mehr als ausgelastet. So beantragte der Träger, dass zum September 2006 die
offizielle Zahl der Schul- und Hortkinder von 25 auf 45 erhöht wird. Der Antrag
wurde bewilligt und entspricht nun eher der täglichen Realität. Die Zahl der
Kindergartenkinder ist mit 25 Plätzen gleich geblieben, so dass insgesamt 70
Plätze in Schworalle zur Verfügung stehen.
Die Räumlichkeiten der Kindertagesstätte erstrecken sich über zwei Etagen.
Im Erdgeschoss befindet sich der Kindergartenbereich, ein Musikraum, die
Holzwerkstatt, das Leiterinnenbüro, sowie ein kleiner Aufenthaltsraum mit
Durchgang zum Hof, die Küche und der Bewegungsraum, in dem auch gegessen wird.
Im ersten Stock sind neben dem Personalraum vier Klassenräume sowie der
Computerraum und der Billardraum untergebracht.
Es gibt ein zwar kleines, aber schön gestaltetes Außengelände.
Der Standort in der Innenstadt ist optimal erreichbar für viele Kinder und
Familien.
Einige Kinder können zu Fuß kommen, die Möglichkeit für Aktivitäten außerhalb
der Einrichtung z.B. Museumsbesuche oder Fahrradtouren am Main sind sehr
günstig. Allerdings bedingt die Nähe zur Zeil, der Frankfurter Fußgängerzone,
bei den älteren Kindern auch eine höhere Fluktuation und viel Besuch.
Die Geschäfts- und Beratungsstelle des Trägers befindet sich in der gleichen
Straße direkt gegenüber.
Das Team
Das Personal der Kita besteht aus Roma und Nicht-Roma.
Seit der Erhöhung der Kinderzahl im September 2006 arbeiten bei „Schaworalle“ 9
Personen mit unterschiedlicher Stundenzahl im pädagogischen Team der
Kindertagesstätte:
· Leitung: 1/1 Stelle, Diplompädagogin, Nicht-Roma
· Kindergarten: 2 ErzieherInnenstellen verteilt auf 3
Personen, eine davon eine Romni
· Hort / Unterricht / Freizeit: eine Sozialpädagogenstelle
(2/3), 2 Erzieherinnenstellen, (100 %, 80%), 2 pädagogische
Mitarbeiter (100 %, Roma)
Im Schulbereich von „Schaworalle“ arbeiten zwei Lehrer mit voller
Stundenzahl, ein Grundschullehrer und ein Hauptschullehrer (siehe „die kleine
Schule“). Wertvolle Unterstützung kommt von einer Sonderschullehrerin der
Friedrich-Stoltze-Schule, die mit acht Schulstunden pro Woche einzelne Kinder in
der Unterrichtszeit sonderpädagogisch fördert.
Finanziert von „Aktion Mensch“ ergänzt seit Juni 2005 das Projekt „Lernen am
Computer“ insbesondere den Schul- und Hortbetrieb im Bereich Sprach- und
Einzelförderung. Die Förderung läuft bis 2008.
Im Hauswirtschaftsbereich (Kochen und Putzen) ist eine rumänische Romni mit 32
Wochenstunden tätig.
Romamitarbeiter / Bildungsmediatoren
In Schaworalle arbeiten seit Beginn des Projektes Roma und
Nicht-Roma. Dies ist uns sehr wichtig, zum einen, weil die Anwesenheit von
kompetentem und professionellem Betreuungspersonal des eigenen Kulturkreises
Vertrauen schafft und Zugang zu Lebensrealitäten ermöglicht, die den „Gadsche“
nicht bekannt sind, zum anderen aber auch, um Roma dort
Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten, wo die Zusammenarbeit mit ihnen auch
entsprechend gewürdigt wird. Es ist uns wichtig, Arbeitsplätze zu schaffen, die
sicher und tariflich bezahlt sind.
So arbeiteten in 2006 „Schaworalle“ vier Roma unterschiedlicher Nationalitäten
fest in unterschiedlichen Bereichen. Der Hauswirtschaftsbereich (Putzen und
Kochen) wird von einer Romni aus Rumänien betreut. Im Kindergarten arbeitet seit
mittlerweile acht Jahren eine Romni aus Mazedonien. Als pädagogische Hilfskraft
im Grundschul- und Freizeitbereich ist seit sechs Jahren eine junge rumänische
Romni tätig, in den Schulgruppen der Sekundarstufe und im Freizeitbereich
arbeitet seit Herbst 2005 ein rumänischer Rom, seit Sommer 2006 mit voller
Stelle. Alle drei pädagogischen Mitarbeiter verfügen über keine formale
pädagogische Ausbildung, arbeiten aber an ihrer Weiterbildung. Die junge
rumänische Romni, die als Kind selbst nie eine Schule besucht hat, hat neben
ihrer pädagogischen Tätigkeit in „Schaworalle“ ihren Hauptschulabschluss
gemacht. Auch der junge Romamitarbeiter holt in diesem Jahr den Schulabschluss
nach. Sein rumänischer Abschluss wird in Deutschland nicht anerkannt. Gerade
diese beiden Mitarbeiter sind große Vorbilder für die Kinder und Jugendlichen.
Die Mitarbeit von Roma im Bildungsbereich und insbesondere die Ausbildung junger
Roma zu so genannten „Bildungsmediatoren“ ist ein Thema, das zunehmend und nicht
nur bundesweit Beachtung findet
Im Vorfeld der Preisverleihung durch die Theodor-Heuss-Stiftung trafen sich in
Berlin und Stuttgart Roma-MitarbeiterInnen aus verschiedenen Ländern und hatten
so die Möglichkeit, auch auf internationaler Ebene über unterschiedliche
Erfahrungen und Arbeitsansätze zu sprechen. Ebenfalls in Stuttgart von
der Theodor-Heuss-Stiftung organisiert fand im November ein großer
internationaler Kongress zum Thema „Roma und Sinti als Bildungsmediatoren“
statt, bei dem auch zwei Romamitarbeiter des Fördervereins auf dem Podium saßen.
Auf Bundesebene werden in 2007 für Roma, die im Bildungsbereich tätig sind,
mehrere Tagungen organisiert. Ziel der Treffen soll eine anerkannte und
zertifizierte Ausbildung zum Mediator sein.
Tagesablauf / Gruppenstruktur
Zur Dynamik von „Schaworalle“ gehört ein flexibler,
niedrigschwelliger, am Gemeinwesen der Roma orientierter Ansatz.
Die Stammgruppe von Schaworalle umfasst über 90 Kinder, die fest
angemeldet sind.
Die Regelmäßigkeit, ein Grundproblem der Kinder angesichts der
Lebensorganisation vieler Familien, ist bei der Stammgruppe hoch. Täglich
besuchen bis zu 70 Kinder die Einrichtung. Die meisten Kinder kommen an 3- 4
Tagen in der Woche und/oder melden sich bei wichtigen Terminen oder
Familienereignissen ab. Dazu kommen auch immer wieder Besucherkinder oder die
Kinder von Familien, die regelmäßig für einige Wochen oder Monate in der Stadt
sind.
„Schaworalle“ ist montags bis freitags von
9.00 bis 17.00 Uhr geöffnet.
Am Vormittag von 9.00 bis 13.00 Uhr findet der Betrieb in mittlerweile fünf
Gruppen statt:
· die Kindergartengruppe (25 angemeldete Kinder, 12 - 20 täglich
anwesend)
· die Vorklasse (6 angemeldete Kinder, 3-6 täglich anwesend)
· die Grundstufe (25 angemeldete Schüler, 15 – 20 täglich
anwesend)
· die Mittelstufe (16 angemeldete Schüler, 8 – 13 täglich
anwesend)
· die Hauptstufe (14 angemeldete Schüler, 8– 12 täglich
anwesend).
Schaworalle öffnet erst um 9.00 Uhr. Dennoch schaffen es nicht alle Kinder,
entsprechend „früh“ aufzustehen. So gibt es bei den Schulkindern ein
Belohnungssystem: Wer zwischen 9.00 und 9.15 kommt, wird mit einem Sternchen
belohnt. Ab fünf Sternchen gibt es ein kleines schulbezogenes Geschenk, z.B.
einen Wecker. Die Arbeit in den Schulgruppen beginnt um 9.15 Uhr und endet um
13.00 Uhr.
Gleich nach dem Unterricht um 13.00 Uhr gibt es Mittagessen. Das Mittagessen
wird von einer Romni gekocht und orientiert sich einerseits an traditionellen
Gerichten der Roma, andererseits natürlich am klassischen Kindergeschmack. Es
ist uns sehr wichtig, die oft schlecht oder falsch ernährten Kinder so gesund
wie möglich zu versorgen!
Gegessen wird in zwei Gruppen. Die Kindergartenkinder essen im Kindergarten und
für die Schulkinder werden im Bewegungsraum Tische und Bänke aufgebaut.
Das Nachmittagsangebot ab 13.30 ist altersgemischt und angebotsorientiert. „Die
Kinder von der Straße zu holen“ bedeutet nicht nur, ihnen Zugang zu Bildung zu
ermöglichen, sondern ihnen auch die Möglichkeit zu geben, jenseits aller
materiellen Sorgen „Kind zu sein“, d.h. wie alle anderen Kinder auch zu spielen
und zu toben, Zugang zu kreativen und sportlichen Angeboten zu haben, Ausflüge
zu machen etc. Ein wichtiger Bestandteil des Nachmittagsprogramms ist natürlich
die Hausaufgabenhilfe für die Kinder, die die Regelschule besuchen (11 Kinder,
fünf bis zehn täglich anwesend)
Der Kindergarten
Der Aufbau einer stabilen und regelmäßigen Kindergartengruppe gehört
zu unseren zentralen Anliegen. Hier musste Pionierarbeit geleistet werden. Im
Gegensatz zum Schulbereich, dessen Besuch den meisten Eltern trotz aller
Widersprüche wichtig ist, gilt es bei vielen Roma als durchaus verpönt, kleine
Kinder von Personen außerhalb der Familie betreuen zu lassen. So waren die
ersten Kindergartenkinder Geschwister, die „mitgebracht“ wurden und denen es
dann so gut im Kindergarten gefiel, dass sie Eltern und Geschwister immer wieder
damit genervt haben, dass sie wiederkommen wollten. Andere Eltern bekamen vom
Sozialamt die Auflage, ihre Kinder in einem Kindergarten anzumelden oder wurden
von betreuenden Personen gebracht.
Verständlicherweise war und ist es dann oft nötig, dass die Mütter zum
Eingewöhnen einige Zeit mit in der Kindergartengruppe verbringen, um zu sehen,
wie es ihren Kleinen dort geht und was gemacht wird. Glücklicherweise konnten
wir für diese Arbeit kompetente und erfahrene ErzieherInnen finden, die, in
Kooperation mit einer Roma-Mitarbeiterin nun seit Jahren die entscheidende
Elternarbeit leisten und das Vertrauen der Familien gewonnen haben. So hat sich
das Verhältnis zum Kindergartenbesuch sehr geändert.
Im Kindergarten sind konstant 25 Kinder angemeldet. An Nachwuchs mangelt es
nicht, im Gegenteil viele Eltern und Kleinkinder warten ungeduldig auf den
dritten Geburtstag.
Der Tag beginnt für die Kindergartenkinder ab 9.00 Uhr mit dem Frühstück. Es
gibt Milch, Cornflakes, Obst und Brot. Auch die kleineren Schulkinder, die
pünktlich um neun Uhr kommen, frühstücken manchmal mit. Die Kinder und Eltern
trudeln langsam ein, der Frühstückstisch bleibt am Vormittag bis 10.30 Uhr
aufgebaut.
Danach wird in der Puppenecke oder mit der Holzeisenbahn gespielt, mit
Bauklötzen gebaut, gemalt, gepuzzelt etc., auf dem Hof Roller und Dreirad
gefahren oder im Sand gebuddelt. Gegen 11.30 Uhr findet dann Gruppenarbeit in
Form von Malen, Brettspielen, Basteln oder Vorschulübungen statt, es werden
Spiele im Bewegungsraum oder Kreisspiele gemacht.
Bei den Kindergartenkindern ist es uns wichtig, dass sie die Möglichkeit
bekommen, all das zu lernen, was die größeren Kinder in ihrer Kleinkindzeit
verpasst haben: Unbeschwert spielen, Farben, Jahreszeiten, Malen, Schneiden,
Puzzeln, Kleben, Turnen ... lernen. Hierzu gehört auch das Lernen und Einhalten
von Gruppenregeln, die Erfahrung von angeleitetem Spiel, Sprachförderung,
Ausflüge etc.
Auch im Kindergarten gibt es besondere Angebote: Holzwerkstatt, Spielen und
Malen am Computer und Sport finden einmal pro Woche speziell für die
Kindergartenkinder statt. Seit 2004 kommt zudem einmal wöchentlich ein Mitglied
des Philharmonischen Vereins der Roma und Sinti in den Kindergarten, singt mit
den Kindern und bringt ihnen das Blockflötespielen bei.
Während am Vormittag die Gruppen klar getrennt sind, haben die
Kindergartenkinder am Nachmittag die Möglichkeit, auch an anderen Angeboten im
Haus teilzunehmen.
In 2006 haben sechs Kinder den Kindergarten in Richtung Schule verlassen. Alle
Kinder sind in Schaworalle geblieben. Für diejenigen von ihnen, die vorher den
Kindergarten nur kurz oder sehr unregelmäßig besucht haben, wurde die Vorklasse
gegründet.
Für einen Jungen, der mit sieben Jahren immer noch den Kindergarten besuchte,
wurde in Zusammenarbeit mit dem jugendärztlichen Dienst des
Stadtgesundheitsamtes eine einmal wöchentlich stattfindende Frühförderung
organisiert. Ein entsprechendes Angebot gab es zum ersten Mal in Schaworalle und
es zeigte gute Erfolge. Die Frühförderung wurde zum Sommer mit der Einschulung
des Jungen beendet. Er besucht jetzt die Vorklasse.
Zum Problem entwickeln sich manchmal die Kleinkinder unter drei Jahren, die sich
mit ihren Müttern und Geschwistern in Schaworalle aufhalten und natürlich in den
Kindergarten drängen. An manchen Tagen, wenn die Kindergartengruppe nicht voll
besetzt ist, ist es natürlich möglich, dass auch die Kleinkinder mit im
Kindergarten oder im Hof spielen, oft ist es allerdings schwierig. Sowohl für
die Kinder als auch für die Mütter ist dies keine befriedigende Lösung. So
denken wir über ein adäquates Angebot für die ganz Kleinen nach.
Schule und Hort
„Die kleine
Schule“ und ihre Lehrer
Schaworalle ist auch Schule, die Kinder nennen es die „kleine Schule“.
Die „kleine Schule“ will Zwischenstation oder Alternative zur „großen Schule“
(Regelschule) sein, zuständig für all die Kinder, die aufgrund von Überalterung
oder kultureller Konflikte, mangelnder Sprachkenntnis, drohender Ausweisung,
häufigem Wohnungswechsel oder einfach aufgrund des Misstrauens der Roma vor der
Institution Schule, diese nicht oder nicht mehr besuchen. Es ist uns wichtig,
den Kindern einen Zugang zu Bildung zu ermöglichen, den sie auch annehmen
dürfen und können und so der „Schulpflicht“ ein
„Recht auf Bildung“ entgegenzusetzen. Eine Zielvorstellung dabei ist natürlich
die begleitete Einschulung in die Regelschule. Die Erfahrung der letzten Jahre
hat allerdings gezeigt, dass dieser Schritt für viele Kinder und auch für viele
Schulen kein einfacher ist. So ist und bleibt es die wichtigste Aufgabe, den
Kindern eine adäquate niedrigschwellige Lernatmosphäre anzubieten, in der
Verständnis für ihre besondere Lebenssituation herrscht.
Die Kinder und Jugendlichen, die nicht in der Nähe wohnen und die den
Unterricht regelmäßig besuchen, erhalten Monatsfahrkarten, die über das
Stadtschulamt finanziert werden. Die Monatskarten sind natürlich ein großer
Anreiz.
In Schaworalle arbeiten zwei vom Staatlichen Schulamt Frankfurt abgeordnete
Lehrer mit voller Stundenzahl, ein Grundschullehrer und ein Hauptschullehrer.
So sind wir auch in formaler und rechtlicher Hinsicht anerkannter
Unterrichtsort.
Die beiden Lehrer sind Schulen zugeordnet, im Grundschulbereich ist dies die
Comeniusschule, im Hauptschulbereich die Friedrich-Stoltze-Schule. Diese beiden
Schulen entsenden im Rahmen des Programms „Besondere Projekte“ des Staatlichen
Schulamtes die Lehrer an „Schaworalle“. Alle Grundschulkinder sind somit
offizielle Comeniusschüler, alle Hauptschüler Friedrich-Stoltze-Schüler. Die
Akten werden in den Schulen geführt. Die Schüler bekommen zum Ende des
Schuljahres Zeugnisse mit dem Briefkopf der jeweiligen Schule. Die Zeugnisse
enthalten natürlich den Vermerk, dass die Beschulung im Rahmen des Projektes
Schaworalle erfolgte.
Wir sind sehr froh, dass diese beiden Schulen bereit waren, mit uns zu
kooperieren.
Diese Regelung bedeutet nicht, dass Kinder, die in die Regelschule
eingeschult werden, dann diese Schulen besuchen. Einschulung richtet sich nach
anderen Kriterien (Wohnort etc.) und bedeutet dann Schulwechsel.
Seit Sommer 2004 werden wir im Schulbetrieb zudem von einer
Sonderschullehrerin der Friedrich-Stoltze-Schule unterstützt. Mit zurzeit acht
Stunden pro Woche können so einzelne Kinder oder kleine Gruppen besonders
gefördert werden. Der Schwerpunkt dieser Förderung liegt im Bereich der
Grundschulgruppe, der größten und heterogensten Schulgruppe in Schaworalle. Hier
zeigen sich große Erfolge.
Leider ist es in den letzten Jahren trotz vieler Bemühungen nicht gelungen,
diese Förderstunden vom Staatlichen Schulamt fest zugewiesen zu bekommen.
Bislang wurden wir jedes Jahr wieder vertröstet. Nun steht zu befürchten, dass
die Kleingruppenförderung in 2007 gänzlich entfällt. Wir werden uns sehr
bemühen, für diesen so wichtigen Bereich eine Lösung zu finden.
Durch die Verfestigung und Professionalisierung des Schulbetriebes in
„Schaworalle“ hat sich der Kontakt zu vielen „großen“ Schulen intensiviert und
gefestigt. Für die Kinder, die die Regelschule besuchen, und ihre Hausaufgaben
in Schaworalle machen, fungieren wir als Vermittler zwischen Schule und
Elternhaus.
Das Thema „Einschulung“ und „regelmäßiger Schulbesuch“ ist, wie vieles andere
auch, in Schaworalle nicht geradlinig. Bei fast allen Schulkindern gibt es hin
und wieder Probleme, längere familiär bedingte Fehlzeiten, mangelnde Motivation
aufgrund der Perspektivlosigkeit der Familien, Konflikte mit Lehrern und
Mitschülern etc. Dennoch sind unsere „Große-Schule-Kinder“ mittlerweile eine
feste Gruppe, die stolz auf ihre Leistung ist und die von den anderen Kindern
entsprechend bewundert wird.
Schulgruppen / Unterrichtsorganisation
Unterricht in „Schaworalle“ wird nicht nur von den Lehrern gestaltet. Die
pädagogischen
Teams der Gruppen bestehen aus den ausgebildeten Lehrern sowie
Romamitarbeitern und Sozial- oder Diplompädagogen/innen, die Unterrichtsbereiche
übernehmen (Lernen am Computer, muttersprachlicher Unterricht, „Natur und
Technik“, Musik und Kunst).
Der Unterricht findet in drei Lerneinheiten statt. Die erste Einheit ist von
9.15 bis 10.15, es folgt eine Pause von 15 Minuten, die zweite Einheit geht von
10.30 bis 11.30, es folgt wiederum eine Pause und die dritte Lerneinheit umfasst
75 Minuten von 11.45 bis 13.00.Uhr.
Die Vorklasse
Aufgrund des neuen Personalschlüssels war es im Oktober 2006 möglich, eine
Vorklassengruppe einzurichten. Hier werden sechs Kinder zwischen sechs und acht
Jahren betreut. Es handelt sich um Kinder, die nicht, unregelmäßig oder nur sehr
kurze Zeit im Kindergarten waren und denen noch viele Grundkenntnisse für den
Schulbesuch fehlen. Die kleine Gruppe ermöglicht eine intensive Förderung in
allen wichtigen schulvorbereitenden Bereichen, insbesondere im Bereich der
Sprachförderung. Die Kinder genießen die intensive Betreuung sehr und machen
gute Fortschritte.
Die Grundschulgruppe
Diese Gruppe von Kindern im Alter von 7 – 11 Jahren umfasst zurzeit 25
Schüler.
Die Regelmäßigkeit ist recht hoch, so dass oft bis zu 20 Kinder anwesend
sind.
Es existieren viele verschiedene Lernniveaus, die durchaus unabhängig vom
Alter der Kinder sind.
Einige Kinder sind noch nicht sehr lange in Deutschland, sprechen und
verstehen nur wenig Deutsch, waren noch niemals in der Schule und verfügen
dementsprechend über wenig Kenntnisse. Andere sind vorübergehend bei uns (z.B.
bei Obdachlosigkeit oder vorübergehender Hotelunterbringung) bzw. befinden sich
nach dem Finden einer Wohnung in der „Warteschleife“ zur nächsten Einschulung.
Wieder andere Kinder sind schon lange in Schaworalle. In den letzte Jahren kamen
auch immer mehr Kinder aus den Regelschulen zu uns, die den Unterricht dort
nicht oder kaum besucht hatten und quasi ohne Vorkenntnisse sind.
Aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen der Kinder, ihres zum Teil
schwierigen Verhaltens und auch der sehr verschiedenen Konzentrationsfähigkeit
ist die Betreuung dieser Gruppe besonders personalintensiv. Neben dem Lehrer ist
mindestens noch eine weitere Betreuungsperson mit in der Klasse, meist eine
Romni.
Der Stoff umfasst die gesamte Palette des Grundschulunterrichtes.
Die Bereiche Deutsch, Rechnen und Sachkunde stehen im Vordergrund, einmal
wöchentlich gibt es aber auch Lernen am Computer, Werken und Musik. In 2006
wurde zudem Englischunterricht eingeführt.
Der Kernunterricht in der Grundschulgruppe wurde individualisiert, indem für
alle Kinder ein Arbeitsplan in den Bereichen Deutsch, Mathe und Sachkunde
eingeführt wurde. Jedes Kind verfügt über einen Ordner mit in der nächsten Zeit
zu erledigenden Aufgaben. So wissen die Kinder immer, was sie zu tun haben,
können nach eigenem Tempo arbeiten und sich die Themenschwerpunkte für die
Stunde aussuchen. Jedes Kind, das regelmäßig kommt, hat zudem spezielle
Fördereinheiten durch die Sonderpädagogin, entweder einzeln oder in
Kleingruppen: Viele Kinder haben so entscheidende Lernfortschritte gemacht
(Lesen gelernt, Mengenbegriffe verstanden etc.).
Auch die klassischen Problembereiche wie zu spät kommen am Morgen oder
längere Abwesenheit können durch diese Arbeitsmethode besser aufgefangen werden.
Die Atmosphäre in der Grundschulgruppe hat sich im Vergleich zu früher sehr
entspannt. Gerade für die Kinder dieser Altersgruppe ist es wichtig, feste
Regeln und Bezugspersonen zu haben. Insbesondere den „wilden“ Jungs scheint eine
männliche Lehrkraft gut zu tun.
Die Mittelstufe
In der Mittelstufe werden diejenigen Kinder (11 – 13 Jahren) unterrichtet,
die die Grundschulgruppe erfolgreich absolviert haben, lesen und schreiben
können sowie die Grundrechenarten beherrschen, aber auch diejenigen neuen
Kinder, die im entsprechenden Alter sind. Es wird versucht, den Unterricht so
weit wie eben möglich dem Stoff der fünften / sechsten Klasse anzupassen. Bis
auf einige Ausnahmen, die so oft wie möglich auch einzeln oder in Kleingruppen
gefördert werden, ist die Mittelstufe etwas leistungshomogener als die
Grundstufe. Der Unterricht umfasst die Fächer Deutsch und Mathematik, Englisch,
Lernen am Computer, „Natur und Technik“ (Grundbegriffe der Naturwissenschaften)
sowie Gesellschaftskunde in der Muttersprache. In Deutsch und Mathematik wird
ebenfalls in bestimmten Stunden nach Arbeitsplan gearbeitet.
Die Gruppe umfasst zurzeit 16 Kinder.
Die Hauptstufengruppe
Hier wird denjenigen Kindern und Jugendlichen (14 – 16 Jahre) ein
Bildungsangebot gemacht,
- die schon lange unser Projekt besuchen und bei denen trotz diverser
Versuche kein Besuch in der Regelschule gelungen ist,
- die im eigenen kulturellen Zusammenhang schon „Erwachsene“ sind
und denen die Eltern keinen Schulbesuch mehr erlauben,
- oder auch diejenigen, die vom Sozialamt oder von
der Jugendgerichtshilfe die Auflage haben, unsere Einrichtung zum
Zweck des Schulbesuchs zu besuchen.
Natürlich gibt es auch hier immer wieder „Schulanfänger“, die zum Teil noch
alphabetisiert werden müssen oder dringend Einzelförderung benötigen. Diese
Schüler werden ein bis zweimal wöchentlich in einer Kleingruppe oder im
Computerraum gefördert. Es werden die gleichen Fächer wie in der Mittelstufe
unterrichtet, zudem Biologie und Geschichte.
Die Hauptstufe hat einmal die Woche auch nachmittags Unterricht.
Derzeit stehen 14 Jugendliche auf der Liste.
Zum ersten Mal gab es im Schuljahr 2005/2006 in der Hauptstufe eine Gruppe
von fünf Jugendlichen, die sich auf den Hauptschulabschluss vorbereitete,
die so genannte Leistungsgruppe. Diese Gruppe erhielt bis zu den
Prüfungen Mitte Mai 2006 wöchentlich sechs Zeitstunden mehr Unterricht in den
Prüfungsfächern Deutsch, Mathematik und Englisch.
Vier Jugendliche haben die Prüfungen mit guten Noten und dem Qualifizierenden
Hauptschulabschluss bestanden.
Im Schuljahr 2006/2007 gibt es keine Leistungsgruppe. Die derzeitige
Kerngruppe der Hauptstufe wird erst im nächsten Schuljahr sowohl vom Alter als
auch von der Leistung her soweit sein.
Der Nachmittag
Nach dem Mittagessen lösen sich die Gruppen
altersgemischt und neigungsorientiert auf. Die meisten Schüler der Hauptstufe
gehen nach einer kurzen Spielphase nach Hause, die Kinder, die die Regelschule
besuchen, kommen zum oder nach den Mittagessen hinzu.
Ab13.30 Uhr gibt es das Angebot zur Hausaufgabenhilfe, an der täglich
fünf bis zehn Kinder teilnehmen. Das Belohnungssystem der Sternchen gibt
es in dieser Gruppe natürlich auch, nämlich für besonders gut gemachte
Hausaufgaben, gute Noten und regelmäßigen Schulbesuch. Die angesparten Sternchen
werden für all die vielen Dinge, die Schulkinder so benötigen, auch dringend
gebraucht! Die Hausaufgaben werden seit Oktober 2006 fest von einer Person
betreut. Dies bringt neben mehr Beziehungskontinuität für die Kinder auch einen
besseren Überblick über die Leistungsentwicklung. Neben den Hausaufgaben erhält
jeder Schüler täglich auch eine zusätzliche Übungseinheit bzw. Nachhilfe in
Problemfächern.
Neben dem vielfältigen Angebot zum freien Spielen (Tischfußball, Toben im
Bewegungsraum oder auf dem Außengelände, Brettspiele aller Art, Malen, Basteln
etc.), gibt es täglich ein bis zwei besondere Angebote:
An ein bis zwei Nachmittagen ist die Holzwerkstatt geöffnet, wo die
Kinder mit allerlei Werkzeug an zwei Werkbänken lernen, kleine Dinge
(Brettspiele, Kreisel, Schiffe, Autos, Karussells, Tischtennisschläger etc.)
selbst herzustellen oder auch schon einmal einen zerstörten Stuhl zu reparieren.
Im Sommer haben die Kinder einmal in der Woche die Möglichkeit in der
Fahrradwerkstatt zu lernen, ihre Räder zu reparieren.
In einem anderen Raum im Erdgeschoss ist die Musikwerkstatt
untergebracht, wo unter Anleitung mit Trommeln und Orff-Instrumenten rhythmisch gearbeitet wird.
Zudem gibt es Keyboardunterricht (mit Kopfhörern) für Einzelne und kleine
Gruppen.
Beliebt ist dieser Raum auch als Rückzugsmöglichkeit zum Tanzen und
Musikhören, insbesondere für die Mädchen. Immer wieder werden für ein bis zwei
Stunden die neuesten Romahits aus Rumänien gespielt und groß und klein widmet
sich der Lieblingsbeschäftigung: dem Tanzen.
Zwei bis drei Nachmittage pro Woche kann unter Aufsicht der Billardraum
genutzt werden.
Neu am Nachmittag war in 2006 ein Tanzworkshop für Mädchen.
Sehr beliebt ist auch der Computerraum. Im Rahmen des von Aktion
Mensch geförderten Projektes „Computergestütztes Lernen“ stehen hier den Kindern
an vier Nachmittagen in der Woche sieben Rechner zur Verfügung. Neben den
Basisprogrammen wie Word, Paint, Excel, Ulead für Photos etc. sind die Computer
insbesondere mit ansprechender Lernsoftware für alle Altersstufen ausgestattet.
Einzeln oder in Kleingruppen arbeiten die Kinder so gezielt weiter an ihrer
Lernentwicklung. Zudem gibt es mittlerweile ein großes Fotoarchiv in den
Computern sowie die Möglichkeit, gezielt im Internet zu surfen.
Täglich wird der Bewegungsraum intensiv genutzt. Besonders beliebt ist
das Tischtennis spielen. Die Tischtennisplatte ist hart umkämpft und
einige Kinder haben durchaus sehr große Leistungsfortschritte gemacht. Auf
Wunsch gibt es eigene Trainingszeiten für Mädchen.
Einmal wöchentlich bietet unser Grundschullehrer nachmittags
Sportunterricht in der Turnhalle einer unserer Kooperationsschulen an, im
Wechsel einmal für die Mädchen und einmal für die Jungs.
Im Frühjahr und Sommer 2006 war auch in Schaworalle das Fußballfieber
ausgebrochen und es wurde so oft wie möglich nachmittags gespielt und trainiert.
Eine Mannschaft von 5- bis 7jährigen Jungen und Mädchen nahm als „Costa-Rica“
an der Kinder-WM der AWO, dem „Mini-Kids-Cup“, teil und erreichte, von
allen anderen Kindern und Mitarbeitern angefeuert, immerhin das Achtelfinale.
Die älteren Kinder hatten leider nicht das Glück, für eine Mannschaft ausgelost
zu werden, trainierten aber eifrig mit.
Einmal im Monat findet im Bewegungsraum die Vollversammlung für alle Kinder
und Mitarbeiter von Schaworalle, die „Bari Worba“ (Rom.: “das große Wort“)
statt.
Hier werden alle anstehenden Themen, wie Pläne für die nächste Zeit, Erfolge
und Konflikte, Regeln und Sanktionen und nicht zuletzt auch Wünsche und Ideen
besprochen.
Seit Januar 2004 werden in der „Bari Worba“ aus jeder Schulgruppe ein oder
zwei Schüler zu den „Schülern des Monats“ ernannt. Diese kleine Gruppe macht
dann zusammen mit einer Betreuerin einen besonderen Ausflug z.B. in die
Eissporthalle, ins Schwimmbad oder ins Kino. Natürlich gibt es auch einen
„Schüler des Monats“ unter den Kindern, die die Regelschule besuchen.
Die „Bari Worba“ knüpft an die Tradition der „cris“, der romainternen
Gerichtsverhandlung, an. Sanktionen, die in einer „cris“ vom „crisatori“
(Richter) ausgesprochen werden, werden von den Mitgliedern der Gemeinde sehr
ernst genommen und eingehalten. Da wir einerseits auf dieses, den Kindern
vertraute Instrumentarium zurückgreifen, andererseits aber die Versammlung nicht
nur unter dem Gesichtspunkt der Sanktionierung durchführen wollten, einigten wir
uns auf den Titel „Bari worba“. Die Versammlung wird von den Kindern sehr ernst
genommen.
Jeden letzten Freitag im Monat wird in Schaworalle Geburtstag
gefeiert. Alle Schul- und Hortkinder, die in diesem Monat Geburtstag hatten,
werden mit „Happy Birthday“ besungen, bekommen ein kleines Geschenk, es gibt
Torte und danach werden von klein und groß zu den aktuellsten Hits die zwei
Lieblingsspiele „Luftballontreten“ und die „Reise nach Jerusalem“ gespielt. Die
Kindergartenkinder sind bei den Feiern natürlich dabei, ihr eigener Geburtstag
wird aber in der Kindergartengruppe gefeiert.
Ausflüge und Ferien
Während der Schulzeit finden in Schaworalle immer wieder kleine Ausflüge zum
Abenteuerspielplatz Riederwald, ins Schwimmbad, zum Fahrradfahren an den Main,
ins Museum, zu Ausstellungen, zum Schlittenfahren in Taunus, ins Kino etc.
statt.
Mehr Zeit für besondere Aktivitäten ist natürlich in den Ferien. Dann gibt es
auch in „Schaworalle“ keinen Unterricht und wir organisieren für die Kinder und
mit ihnen zusammen ein ganztägiges Ferienprogramm.
Neben Spielaktionen und -projekten im Haus gibt es Ausflüge mit der ganzen
Gruppe ins Schwimmbad, in die Lochmühle, in den Zoo, zum Grillen in den Park, zu
den Mainspielen etc.
Die Ferienfreizeit
Jedes Jahr in den Sommerferien fährt Schaworalle eine Woche „in Urlaub“, ein
Höhepunkt im Jahr, nach dem viele Kinder schon ab Frühjahr immer wieder fragen.
In 2006 waren wir mit einer Gruppe von 30 Kindern im Alter von 7 bis 14
Jahren in Melsungen in Nordhessen. Die Jugendherberge war schön gelegen, direkt
am Wald, in der Nähe gab es ein wunderschönes Schwimmbad und das Zentrum der
kleinen Stadt war zu Fuß gut zu erreichen. Allerdings war leider auch in diesem
Jahr fast die ganze Zeit über schlechtes Wetter. Dennoch war es wieder eine
lustige Woche mit Grillabend, kurzen Wanderungen, Hallenbadbesuch, Discoabend in
der Jugendherberge, Spaziergängen in der Stadt, viel Spielen und Basteln im Haus
und natürlich dem alljährlichen letzten Tag auf der Sommerrodelbahn.
Wir hoffen sehr, dass wir in 2007 wieder einmal eine richtige Sommerwoche auf
dem Land verbringen dürfen.
Weihnachten
An Weihnachten bleiben wir seit zwei Jahren „unter uns“, das heißt,
neben den Kindern und Eltern werden nur noch ehemalige Mitarbeiter von
Schaworalle und die KollegInnen des Fördervereins eingeladen. Schon so platzt
der feierlich geschmückte Bewegungsraum aus allen Nähten. Neben musikalischen
Darbietungen der Kinder ist der erste Höhepunkt der Feier das
Weihnachtstheater in der Muttersprache Romanes. 2006 wurde eine lustige
Episode aus den Abenteuern von Robin Hood gespielt.
Die Inszenierung des Theaterstücks ist jedes Jahr zwei bis drei Monate lang
ein großes Thema. Mit den Kindern, muttersprachlichen Mitarbeitern und Müttern
zusammen werden in den Herbstferien die Dialoge übersetzt. Ab Anfang November
verteilen wir die Rollen und dann wird mehrmals wöchentlich geprobt. Wie immer
wirkten auch dieses Jahr viele Kinder mit und es wurde viel gesungen und
getanzt.
Das Ergebnis begeisterte bei der Weihnachtsfeier wieder die ganze anwesende
Gemeinde. Nach dem Theaterstück kommt jedes Jahr der von den Kindern mit
Spannung erwartete Weihnachtsmann. Die mittlerweile elf Jahre alte Aktion des
Kinderbüros „Weihnachtsgeschenke für Frankfurter Kinder“, bei der wir nahezu von
Anfang an mitmachen, sorgt dafür, dass jedem Kind ein kleiner Wunsch erfüllt
werden kann.
Mädchen / Mädchenarbeit
Der Mädchenanteil bei „Schaworalle“ beträgt ca. 50 %.
Im Kindergarten- und Grundschulbereich sind die Jungen oft in der Überzahl,
im Bereich der älteren schulpflichtigen Kinder betreuen wir auffällig viele
Mädchen. Dies hat mehrere Gründe: So gilt bei vielen Romafamilien Schule und
Bildung für Mädchen als weniger wichtig als für Jungen und ist in der Regel nur
bis zum zwölften oder dreizehnten Lebensjahr überhaupt möglich. Der
gemischtgeschlechtliche Zusammenhang z.B. einer Regelschule wird als Gefahr für
die Tochter gesehen, insbesondere dann, wenn keine Aufsichtsperson aus dem
eigenen Kulturkreis anwesend ist. „Schaworalle“ gewährleistet diese Aufsicht
durch Geschwister und Betreuer, die Roma sind.
Da die Perspektiven der Mädchen angesichts von Tradition, Lebenssituation und
Chancen auf ein eigenständiges Leben, z.B. in Form von Berufstätigkeit,
schwierig sind, ist Kindern und Eltern der Sinn des Lernens über die
Grundkenntnisse hinaus oft schwer vermittelbar.
Dennoch ändert sich gerade hier vieles. So besuchen mittlerweile genauso
viele Mädchen wie Jungen die Regelschule und in der Leistungsgruppe hat ein
Mädchen den Qualifizierenden Hauptschulabschluss bestanden.
In allen Gruppen ist auffällig, dass die Mädchen oft diejenigen sind, die
schneller Lernerfolge erzielen, sowohl im kognitivem als auch im psychosozialen
Bereich.
Gezielte geschlechtsspezifische Angebote gibt es außer dem Sportunterricht
oder auch Kleingruppenausflügen in Schaworalle nicht. Allerdings ziehen sich die
Mädchen oft mit einer muttersprachlichen Mitarbeiterin in den Musikraum zurück,
wo sie dann ungestört sind und neben dem Tanzen und Musikhören natürlich
geschlechtsspezifische Themen im Vordergrund stehen. Insbesondere die älteren
Mädchen reden viel über Traditionen wie das frühe Heiraten oder die ständige
Aufsicht durch Eltern und Geschwister, fangen an, diese in Frage zu stellen und
manchmal auch dagegen zu rebellieren.
Elternarbeit / Familienarbeit
Ein Schwerpunkt der Arbeit des Fördervereins Roma betrifft die Arbeit mit den
Familien, insbesondere die Beratung und Betreuung in Sachen Existenzsicherung
und Aufenthalt. Diese Arbeit wird in der gegenüber gelegenen Geschäfts- und
Beratungsstelle geleistet. Die Zusammenarbeit mit Schaworalle ist sehr eng.
So gehören die Eltern, insbesondere die Mütter, in Schaworalle ganz einfach
dazu. Wir arbeiten mit großen Familien, bei denen oft die ganze Geschwisterriege
vom Kindergartenkind bis zum Hauptstufenschüler Schaworalle besuchen. Die
Eltern, die manchmal auch selber schon Schaworallekinder waren, identifizieren
sich mit der Einrichtung, sie bringen und holen ihre Kinder, verbringen auch
selbst einige Zeit am Elterntisch vor der Küche und suchen das Gespräch.
Sie interessieren sich für das, was ihre Kinder tun und sind ansprechbar für
deren Entwicklungen und Probleme. Insbesondere mit den Eltern, deren Kinder die
Regelschule besuchen, sind immer viele Gespräche nötig. Viele Ängste müssen
ausgeräumt werden, bzgl. der Sicherheit der Mädchen, dem Schwimmen, Ausflügen
oder gar Klassenfahrten, die vielen Briefe der Schulen müssen erklärt und die
vielen Sachen, die gebraucht werden, gemeinsam besorgt werden. Genauso wichtig
sind die Vermittlung und Übersetzung beim Kontakt mit den Lehrern. Zu den
meisten Eltern bestehen gute und enge Beziehungen, das Verhältnis ist von
gegenseitigem Respekt und Vertrauen geprägt.
Diese Nähe zur Familie hat natürlich auch ihre Schattenseiten. Es muss gut
darauf geachtet werden, dass der pädagogische Alltag durch die Anwesenheit zu
vieler Eltern nicht gestört wird und Konflikte von Kindern auch Konflikte von
Kindern bleiben, die durch das Personal geregelt werden und nicht durch die
anwesenden Eltern.
„Mama lernt Deutsch“ – die Elternschule
Seit Mai 2002 lernen in Schaworalle nicht nur die Kinder, sondern im Rahmen
des Projektes „Mama lernt Deutsch“ einmal pro Woche auch Mütter und junge
Frauen.
„Mama lernt Deutsch“ ist ein Kooperationsprojekt des Amtes für
Multikulturelle Angelegenheiten und der Volkshochschule. Ziel ist die
Alphabetisierung und das Erlernen der deutschen Sprache bei ausländischen
Müttern.
„Mama lernt Deutsch“ in Schaworalle richtete sich, in Absprache mit
der Jugendgerichtshilfe und der Bewährungshilfe, zunächst insbesondere an Frauen
mit Kleinkindern, die gemeinnützige Arbeit abzuleisten hatten. Eine oder zwei
Mütter kümmerten sich, zusammen mit einer Erzieherin, im Kindergarten oder im
Bewegungsraum um die Kinder, während die anderen sechs bis zehn Frauen bei einer
Lehrerin der VHS den Unterricht besuchten.
Im Laufe der Zeit hat sich die Zielgruppe jedoch verändert. Mittlerweile sind
es die Mütter der Kinder, die in Schaworalle betreut werden, die hier lernen und
dies mit steigender Kontinuität und wachsendem Erfolg. Auf Wunsch der Frauen
findet der Unterricht jetzt zweimal wöchentlich statt und es gibt seit kurzem
endlich auch die ersten beiden männlichen Kursteilnehmer.
Die Kosten des Kurses übernimmt der Förderverein.
Jugendgericht / Gemeinnützige Arbeit
Schaworalle arbeitet eng mit dem Jugendgericht, der Jugendgerichtshilfe und
auch der Bewährungshilfe zusammen. Einigen Kindern und Jugendlichen gelingt es
nicht, den Teufelskreis von Randständigkeit – Armut - Kriminalität zu
durchbrechen und sie werden straffällig.
Da Zugang zu Bildung und die Anbindung an eine soziale Einrichtung, die die
Jugendlichen in ihrer gesamten Lebenswelt annehmen kann, die einzige und
manchmal auch letzte Chance ist, die viele haben, werden Schulbesuch oder auch
die Ableistungen von Stunden gemeinnütziger Arbeit in Schaworalle für manche
Jungen und Mädchen ab 14 Jahren zur Auflage. Auf die Einhaltung der Auflagen
wird genau geachtet.
Auch Erwachsene haben in Schaworalle die Möglichkeit, gemeinnützige Arbeit
abzuleisten.
Meist verstärken ein bis zwei Mädchen oder Frauen so das Hauswirtschaftsteam.
Stadtgesundheitsamt / Jugendärztlicher Dienst
Schon seit 2001 wird in Schaworalle mehrmals im Jahr geimpft. Während
zunächst Schutzimpfungen gegen Tetanus, Kinderlähmung, Diphterie und Hepatitis B
im Vordergrund standen, wurde 2005 die Palette mit Impfungen gegen Mumps, Masern
und Röteln erweitert. Auch eine weitere Hepatitis B Impfung wurde durchgeführt.
Es gibt mittlerweile viele Kinder, die über einen vollständigen Impfschutz
verfügen. Wir sind dem jugendärztlichen Dienst des Stadtgesundheitsamtes sehr
dankbar für die gute Zusammenarbeit. Auch zu anderen Fragen (schulärztliche
Untersuchungen, Notwendigkeit von Frühförderung, Schnelldiagnose bei kleineren
Verletzungen etc.) haben wir hier immer einen Ansprechpartner.
Öffentlichkeitsarbeit
Die Kindertagesstätte Schaworalle ist ein bundesweit bekanntes Pilotprojekt.
Dies hat dazu geführt, dass der Besuch von interessierten Gruppen und
Einzelpersonen seit der Eröffnung im September 1999 nicht abgerissen hat. So
gibt es häufig Termine mit Lehrern, Fortbildungsgruppen, Studenten,
Schulklassen, Arbeitskreisen, Vertretungen von Ämtern und Institutionen etc.,
die sich vor Ort über die Arbeit und über die Hintergründe des Lebens der
rumänischen Romafamilien in Frankfurt informieren möchten.
Bei allem Trubel, den der viele Besuch manchmal mit sich bringt, und der
Gratwanderung, die Besuche nicht zu viel werden zu
lassen, hat sich doch gezeigt, dass die direkte Auseinandersetzung mit der
Arbeit, den Kindern und Familien oft schneller zu mehr Verständnis führt als die
theoretische Diskussion.
Anlässlich der Medaillenverleihung und des 10jährigen Jubiläums wurden einige
Zeitungsartikel über Schaworalle veröffentlicht, insbesondere in der lokalen
Presse.
Zudem wurde im Rahmen der interkulturellen Wochen der Stadt Frankfurt in
Schaworalle die DVD-Dokumentation Seako Ges (Romanes „Jeden Tag“)
präsentiert, in der Romajugendliche ihr Leben in Frankfurt darstellen.
Arbeitskreise
Neben der guten, auf die konkrete Situation oder den Einzelfall bezogenen
Vernetzung mit diversen städtischen Ämtern und Institutionen (Stadtschulamt,
Sozialamt, Jugendamt, Staatliches Schulamt, Stadtgesundheitsamt, AMKA) gibt es
einige Arbeitskreise, in denen „Schaworalle“ vertreten ist. Da ist zunächst der
„Arbeitskreis Roma“, der seitens des Jugendamtes initiiert wurde, und bei
dem Vertreter diverser städtischer Ämter (insbesondere der Sozialrathäuser, der
Jugendgerichtshilfe, der Bewährungshilfe etc.) und auch der Polizei wichtige
Themenbereiche bezüglich der Situation der in Frankfurt lebenden Romafamilien
aus Rumänien besprechen. Die Themen betreffen Ausländerrecht und
Sozialhilfebezug, Straffälligkeit, Schulbesuch, aber auch Hintergründe zu Kultur
und Lebensorganisation der Roma. Ziel ist die Ausbildung von Multiplikatoren,
die in ihren jeweiligen Arbeitsbereich die Informationen weitertragen können.
Zum Thema „ Schulische Integration von Romakindern“ wird von
Schaworalle in Kooperation mit dem Amt für multikulturelle Angelegenheiten und
dem Aufnahme- und Beratungszentrum für Seiteneinsteiger des Staatlichen
Schulamtes eine Veranstaltungsreihe im Rahmen der Lehrerfortbildung
organisiert. Die Lehrerfortbildung findet zweimal jährlich in Schaworalle statt.
In 2002 wurde aus diesem Kreis heraus die Broschüre „Dawen Bachtale“ – Zu Fragen
der schulischen Integration von Romakindern“ herausgegeben, die sehr viel
Beachtung findet. „Dawen Bachtale“ ist Romanes und heißt soviel wie „Herzlich
Willkommen“. Zu einer Veranstaltung, die sich mit dem Thema Elternarbeit
beschäftigt und im März 2007 stattfinden wird, wurden im Herbst 2006 Interviews
mit Müttern zum Thema Schule gefilmt. Die Interviews geben einen guten Überblick
über Ängste und Probleme der Romamütter, zeigen aber auch Wege auf, wie
Elternarbeit gelingen kann.
Des Weiteren gibt es einen internen Arbeitskreis, der sich speziell mit der
konzeptionellen Entwicklung zum Thema Schule in „Schaworalle“
beschäftigt. Hier sind die zuständigen Vertreter des Stadtschulamtes, des
Staatlichen Schulamtes, des AMKA, des Jugend- und Sozialamt, die Schulleiter der
Kooperationsschulen sowie die Lehrer und die Leitung von Schaworalle zugegen.
Zudem besucht eine Mitarbeiterin von Schaworalle regelmäßig den Arbeitskreis
der freien Kinderhäuser.
Tagungen
· Im Vorfeld der Theodor-Heuss-Preisverleihung am 28.April 2006 in
Stuttgart fand in Stuttgart ein internationales Kolloquium zum Thema
„Armut und Ausgrenzung in Europa – am Beispiel Roma“ statt. Im
Mittelpunkt standen die Aufgaben der Dekade zur Integration der Roma in den
Bereichen Arbeit und Bildung. Im Laufe des Kolloquiums präsentierten sieben
besonders erfolgreiche Projekte, darunter Schaworalle, ihre Arbeit. Im
Anschluss wurden im Rahmen einer festlichen Veranstaltung von Herrn Ludwig
Theodor Heuss und Frau Leutheusser-Schnarrenberger die Preise verliehen.
· Im Mai war Schaworalle in Bad Boll bei der Tagung
„Minderheiten in der Schule – Elternarbeit mit Roma und Sinti als Teil der
Schulkultur“ vertreten, die von der Evangelischen Akademie in
Zusammenarbeit mit dem Landesverband der Roma und Sinti Baden Württemberg
durchgeführt wurde.
· Im September nahmen VerteterInnen des Fördervereins Roma an der
Fachtagung „Außen vor und mittendrin“ in Münster zum Thema Beschulung
und Ausbildung von Roma teil und leiteten Workshops zu den Themen „Kita und
Schule“ und „Ausbildung und Arbeit“.
· Im November fand, ebenfalls von der Theodor-Heuss-Stiftung
organisiert, in Stuttgart der internationale Kongress „Roma und Sinti als
Bildungsmediatoren“ statt, bei dem zwei Romamitarbeiter des
Fördervereins mit auf dem Podium saßen.
Fortbildung
Seit 2006 beteiligt sich der Verein am Qualitätsmanagement PQ Sys des
Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Das Qualitätsmanagement gibt einerseits
interessante Impulse für die Arbeit (Aktualisierung des Selbstverständnisses,
genauere Bestimmung von Arbeitsprozessen, Beschreibung von Schnittstellen), ist
allerdings auch in etlichen Verfahrensweisen nur schwer auf die tägliche
Realität zu übertragen.
Ausblick 2007
· Am 05.03.07 findet im Bundestag in Berlin eine Konferenz von
UNICEF zum Thema „Romakinder in Europa – Zwischen Integration und Isolation“
statt. Vorgestellt werden zwei Studien, die die soziale und institutionelle
Situation von Romakindern in Osteuropa und in der Bundesrepublik Deutschland
aufzeigen. Wir hoffen, dass die Studien dazu beitragen, die Situation der
Romakinder in Deutschland und Europa zu verbessern.
· Im Laufe des Jahres wird die Einrichtungsleiterin von
Schaworalle an einer Fortbildung zur zertifizierten Kinderschutzfachkraft
nach § 8 a SGB VIII teilnehmen und somit die Ansprechpartnerin des
Fördervereins Roma bzgl. des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung sein.
Bis Juni 2007 wird der Verein zudem ein entsprechendes eigenes Schutzkonzept
für Kinder und Jugendliche entwickeln, das die Lebensrealität der Romakinder
und -familien ernst nimmt und in den Mittelpunkt stellt. Dies ist uns sehr
wichtig. Im Laufe des Jahres 2006 gab es einige Ereignisse und
Veröffentlichungen im Zusammenhang mit § 8a, die wir für außerordentlich
unqualifiziert und kontraproduktiv halten.
· Ab Sommer 2007 wird wieder eine Gruppe Jugendlicher gebildet
werden, die sich auf den Hauptschulabschluss vorbereitet.
· Im Grundschulbereich soll durch Besuche oder auch gemeinsame
Unternehmungen der Kontakt zu den Schülern und Schülerinnen der
Comeniusschule aufgebaut werden.
· Die Stundenzahl im Kindergarten wurde Anfang 2007 erhöht. Ziel
ist die intensivere Förderung der Kinder, insbesondere im Bereich Sprache
und Schulvorbereitung.
Last not least
Die ganz große Sorge, die unsere pädagogische Arbeit von Anfang an immer
wieder belastet und beeinträchtigt, ist die prekäre ausländerrechtliche
Situation vieler Familien, deren Kinder „Schaworalle“ besuchen. Die meisten
Familien leben schon lange Zeit nur geduldet in Deutschland, mit völlig
unsicherer Perspektive.
Immer wieder werden Leute abgeschoben, oft die Familienväter alleine, der
Rest der Familie bleibt zurück und hofft, dass der Vater einen Weg findet,
zurückzukommen.
Andere reisen, nach dem Ausschöpfen aller rechtlichen Möglichkeiten, mit der
ganzen Familie „freiwillig“ aus und kommen nach einigen Monaten als „Touristen“
mit einem Visum für drei Monate zurück.
Einige Familien befinden sich im Petitionsverfahren. Bislang wurden jedoch
alle Petitionen über kurz oder lang abgelehnt.
So wird ständig über dieses Thema gesprochen. Die Familien fürchten, das Land
verlassen zu müssen, leben im Vier-Wochen-Rhythmus bis zur Verlängerung der
nächsten Duldung oder Vorladung, haben ständig Sorgen mit der Existenzsicherung,
hetzen von einem Termin zum nächsten. Die Situation belastet natürlich auch die
Kinder erheblich.
Wir Mitarbeiter von Schaworalle erleben die Sorgen der Familien in der
täglichen Arbeit.
Unsere pädagogische Arbeit erschiene uns fragwürdig, wenn wir uns nicht auch
um die existentiellen Belange der Familien kümmern würden. Denn der Teufelskreis
beginnt an jedem Ort wieder neu: Vorurteile - Leben auf und unter dem
Existenzminimum- Erwerbslosigkeit – Armut – Bettelei – Kriminalität –
Randständigkeit – Ausgrenzung – Perspektivlosigkeit.
Nach dem Beschluss der Innenministerkonferenz vom November 2006 soll es nun
in Zukunft keine Duldungen mehr geben. Geduldete Familien, die länger als sechs
Jahre in Deutschland leben, sollen bleiben dürfen, so die Eltern perspektivisch
eine Arbeit finden. Allerdings gibt es noch einige zusätzliche Voraussetzungen,
die erfüllt werden müssen, z.B. keine Vorstrafen von mehr als 50 Tagessätzen,
nachgewiesene Mitwirkung bei der Beschaffung von Papieren für die
Ausländerbehörde etc. Es ist zu befürchten, dass nur wenige der rumänischen
Romafamilien diese Voraussetzungen erfüllen.
Eine weitere Hoffnung ist der Beitritt Rumäniens zur EU, der es rumänischen
Staatsbürgern gestattet, sich in der Bundesrepublik aufzuhalten, so sie in der
Lage sind, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.
Ende des Jahres werden wir mehr darüber wissen, ob dies eine Perspektive für
die Romafamilien bedeutet.
Frankfurt, den 28.02.07
Sabine Ernst
(Leitung Schaworalle)
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